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Interview mit

klausbrodale

INTERVIEWER

Heute ist der 13. Februar 2023. Wir führen ein Zeitzeugengespräch mit Klaus Brodale. Wir sind in einem Ortsteil von Bad Köstritz, habe ich das verstanden. Mein Name ist Rike Schreiber, Projektkoordinatorin Gesichter der Wismut. Im Rahmen dieses Projekts findet dieses Zeitzeugengespräch statt. Jetzt dürft ihr euch gerne vorstellen und ich übergebe an euch und das Interview.

GRUPPE

Sollen wir uns vorstellen?

INTERVIEWER

Dürft ihr gerne machen.

GRUPPE

Ich bin Nina Knoll und bin eine Schülerin am Osterlandgymnasium und ich führe das Interview im Rahmen der Seminarfacharbeit.

GRUPPE

Mein Name ist Emma Bräunlich, ich bin auch vom Osterlandgymnasium und führe das Interview ebenfalls im Rahmen meiner Seminarfacharbeit.

GRUPPE

Zum Anfang würde ich Ihnen ein paar generelle Fragen stellen.

Klaus Brodale

Nur eine ganz kurze Gegenfrage.

GRUPPE

Ja, klar.

Klaus Brodale

Bei der Emma weiß ich, dass sie in Ronneburg lebt. Sie haben aber jetzt eine Verbindung zu Ronneburg?

GRUPPE

Ne, nicht persönlich.

Klaus Brodale

Nicht unbedingt, okay.

GRUPPE

Ich wohne in Leumnitz.

Klaus Brodale

Ja, ja.

GRUPPE

Okay, dann würde ich zuerst fragen, wo Sie früher groß geworden und aufgewachsen sind.

Klaus Brodale

Geboren bin ich am 11. Januar 1953 in Zipsendorf, das ist heute ein Stadtteil von Meuselwitz. Bin dort in den Kindergarten gegangen und auch die ersten drei Jahre in die Schule. Und mit zehn Jahren bin ich dann mit meiner Familie nach Ronneburg gezogen und habe dann in Ronneburg bis zur 10. Klasse die Schule besucht. Hatte bis dahin aber zur Wismut überhaupt keine Verbindung gehabt, auch meine Eltern nicht, die waren bei der Deutschen Post beschäftigt. Die Region, in der ich geboren bin, war durch den Braunkohlenbergbau geprägt, aber auch mit dem hatte ich relativ wenige Berührungspunkte.

GRUPPE

Und wie sahen die Verhältnisse in Ihrer Wohnung, in Ihrer Umgebung aus? Also haben Sie in einer ländlichen Gegend gewohnt oder eher städtlich?

Klaus Brodale

Also in Zipsendorf, das war ein relativ großes Dorf, auch mit einer Neubausiedlung durch den Braunkohlenbergbau. Und dann nach dem Verzug nach Ronneburg war ich in der Stadt wohnhaft und habe dort, da meine Eltern bei der Post waren, in einer Dienstwohnung im alten Postamt in Ronneburg gewohnt.

GRUPPE

Und was hatten Ihre Eltern beruflich gemacht?

Klaus Brodale

Die waren bei der Deutschen Post. Meine Mutter war Zustellerin, also hat Zeitungen und Briefe ausgetragen. Und mein Vater war im Fernmeldebau tätig.

GRUPPE

Okay. Und wie lief Ihre Schulzeit ab und was hat dann später dazu geführt, dass Sie zur SDAG Wismut gekommen sind?

Klaus Brodale

Na gut, meine Eltern waren beide Umsiedler, sodass in meiner frühesten Kindheit ich auch noch kennengelernt habe, dass zum Beispiel die Lebensmittelversorgung nicht ganz unkompliziert war. Es gab alles auf Marken und wir hatten ja kein Hinterland. Also wie die Bauernfamilien dort in den Zipsendorf, da sah das natürlich ganz anders aus und da hat man schon ein bisschen sich zurückgesetzt gefühlt. In Ronneburg hat sich das zwar abgemildert, aber trotzdem fortgesetzt. Ronneburg war nach meiner Erfahrung zweigeteilt. Es gab die alte Stadt, da wo ich auch gewohnt habe, wo ich auch zur Schule gegangen bin und es gab die neue Welt. Das war immer die Bezeichnung für die Neubauten, die für die Wismut Beschäftigten da errichtet worden sind. Ursprünglich waren wir in großen Barackenlagern untergebracht. Richtung Grobsdorf war ein großes und in Richtung Großenstein, also rechts von der Straße, war ebenfalls nochmal ein großes Barackenlager, wo viele Wismut-Beschäftigte ursprünglich gelebt haben nach ihrer Arbeit und durch den Bau dieser Neubauten hat ein großer Teil eine Wohnung bekommen und da hat man schon gemerkt, wir hatten mit den Kindern aus der neuen Welt, das war für uns ein Begriff, braucht man gar nicht erklären, es wusste jeder, was damit gemeint ist, hatten wir relativ wenig Kontakte. Hatte auch eine Ursache, die hat eine eigene Schule gehabt, da haben ganz wenige von dort die Schiller Schule, die wieder im älteren Stadtbereich gelegen hat, besucht. Das hat sich dann erst in der Jugendzeit ein bisschen verändert. Und man hat natürlich auch als Kind gemerkt, dass die Beschäftigten bei der Wismut natürlich über ein entsprechendes Einkommen verfügten, was durchaus höher war als das bei normalen Berufen, “normal” in Anführungszeichen. Und auch, dass die Versorgung für diese Wismut-Beschäftigten eine ganz andere gewesen ist. In Ronneburg gab es halt Geschäfte, wo es die modernsten Schuhe für die Frauen, die waren ja da, ganz schnell zu Beindrucken gab. Die hat man aber nur kaufen können, wenn man entsprechende Talons hatte. Also berechtigt war, solche Schuhwaren zu kaufen. Und die anderen haben halt mit dem Durchschnitt leben müssen. Die hatten auch relativ früh alle ein Auto und Fernseher. Das waren Sachen, die nach meiner Erfahrung bei uns relativ spät erst gekommen sind.

GRUPPE

Also war das auch ein entscheidender Grund für Sie zur Wismut zu kommen?

Klaus Brodale

Sowohl als auch. Ich habe die zehnte Klasse mit sehr gut abgeschlossen, sodass eigentlich schon die Vorstellung war, später mal zu studieren. Allerdings hatte ich da schon meine Frau kennengelernt und da war die gemeinsame Vorstellung, eine eigene Familie zu gründen, eine eigene Wohnung zu haben, relativ schnell geboren, sodass ich das ein bisschen zurückgeschoben habe. Es hat sich aber in Ronneburg angeboten, ich habe ja schon geschildert, dass es Unterschiede gab, dass man durchaus das Bestreben hatte, durchaus in so einen Beruf einzusteigen. Ich habe dann nach der 10. Klasse bei der Wismut eine Berufsausbildung absolviert mit Abitur. Ich habe dort Bergbaufacharbeiter mit Abitur gelernt, also umgangssprachlich Hauer. Also das sind die, die unter Tage das Erz abgebaut haben und die Strecken aufgefahren haben. Und lag für mich eigentlich auf der Hand. Also es gab mindestens zwei Gründe, wahrscheinlich noch ein paar mehr.

GRUPPE

Und mussten Sie für die Wismut umziehen, als Sie dann angefangen haben dort zu arbeiten?

Klaus Brodale

Nee, erst nicht. Ich bin dann relativ schnell zu meiner Frau und zu ihren Eltern mitgezogen. Die hatten halt noch ein Kinderzimmer übrig gehabt, was wir dann bewohnt haben, dann kam auch schon das erste Kind, aber umziehen müssen, das war ja dort nicht gegeben. Man hat ja in Ronneburg ganz nah dran gelebt. Also man kam relativ schnell auf die Arbeitsstätte oder auf die Lehrstätte, weil es ein ausgeprägtes und ausgeklügeltes System des Personentransportes gegeben hat, was perfekt funktioniert hat. Da könnte man überhaupt nichts sagen. Ich habe dann in Gera gelernt, in der Wismut-Berufsschule in Zwötzen. Und auch von da nach Hause war es überhaupt kein Problem. Überall fuhren Wismut-Busse. Und zwar Hunderte.

GRUPPE

Ich habe das schon von den anderen Interviewpartnern auch gehört, dass der öffentliche Nahverkehr eigentlich keine Fehler hatte oder immer pünktlich war.

Klaus Brodale

Hat perfekt funktioniert, ja.

GRUPPE

Also im Gegensatz zu heute ist es ein großer Unterschied.

Klaus Brodale

Auf jeden Fall.

GRUPPE

OKAY:

Klaus Brodale

Da hat sich einiges zurückentwickelt, was den Personennahverkehr betrifft.

GRUPPE

Und war es üblich, damals ein Auto oder Motorrad zu besitzen, oder war das eher was … ?

Klaus Brodale

Naja, es dürfte ja bekannt sein, dass es gerade beim Kauf eines Autos entsprechende Wartefristen gegeben hat. Und die waren natürlich für Beschäftigte der Wismut ein ganzes Stück kürzer. Aber es war nicht so, dass man nicht warten musste. Da waren schon ein paar Jahre ins Land gegangen, bis man so ein Auto kriegen konnte. Für mich stand das persönlich damals aber nicht an erster Stelle. Für mich war meine Familie wichtiger, als ein Auto zu besitzen und da eine ordentliche Wohnung einzurichten. Ich habe dann relativ schnell auch eine Neubauwohnung bekommen in Lusan. (…) Da hat es dann nicht lange gedauert, da kam auch schon das zweite Kind. Ja, das war ein... Deswegen habe ich auch nicht sofort nach der Lehre den Wunsch gehabt, zu studieren.(…) Wobei jetzt eine Tätigkeit als Bergbauwissenschaftler auszuüben, hat mich damals nicht interessiert oder nicht besonders gereizt. Was anderes war es die Tätigkeit Untertage. Das war ein Beruf, der mir wahnsinnig viel gegeben hat. Aber dann nur in der Verwaltung da umzusetzen, das war nicht meins.

GRUPPE

Und wie lang war der Hin- und Rückweg mit dem Bus?

Klaus Brodale

Das ist unterschiedlich. Also von Ronneburg war das vielleicht eine Viertelstunde. Da gab es halt eine zentrale Abfahrtsstelle am Bahnhof in Ronneburg. Und von da fuhren halt Busse auf alle möglichen Schachtanlagen. Von Gera war es dann schon ein bisschen aufwendiger, weil die Wismut dann ja auch ein eigenes Bahnsystem eingerichtet hat. Nicht nur für den Gütertransport von dem Erz in die Aufbereitung nach Seelingstädt, sondern auch für den Personentransport auf die Schächte. Da gab es dann in Gera halt die Möglichkeit, am Südbahnhof oder am Hauptbahnhof in die Züge einzusteigen. Nachdem man mit Zubringerbus in der Wismut aus dem Neubaugebiet dahin gefahren worden ist und ist dann auf die Schächte gefahren. (…) Das war ein relativ langes Prozedere. Die Fahrten an sich, die gingen relativ schnell. Aber, ich weiß nicht, ob Sie eine Vorstellung haben, dann ist man durch eine Kontrolle erstmal in das Schachtgelände rein. Wenn man noch ein bisschen Zeit hatte, ist man nochmal in die Wismut-Küche und hat noch was gegessen. Dann müsste man sich umziehen, müsste die Sachen anziehen. Es war alles dann oft wieder sehr dreckig, ist geteilt Weiß- und Schwarzkaue. Dann stand man an zur Seilfahrt, weil in der Schachtanlage konnte immer nur eine Sohle angefahren werden, wo die Beschäftigten nach unten gebracht wurden, die anderen natürlich gleichzeitig nach oben und hat dann noch oft einen relativ langen Weg bis zu seinem eigentlichen Betriebspunkt gehabt. Und erst dann hat man angefangen mit Arbeiten. (…) Zurück zu war das natürlich ganz genauso. Also ich mal geschätzt, vielleicht drückt mich da auch die Erinnerung ein bisschen, 8 Stunden pure Arbeitszeit waren das nicht, das war weniger. Es gab 3 Schichten, also 24 Stunden, mehr war ja nicht möglich am Tag. Und ich denke mal, (…), 2 Stunden, 2,5 Stunden, vielleicht auch 3 Stunden, sind insgesamt mit den anderen Sachen, umziehen, duschen, essen, Zug fahren, Bus fahren, bis man dann wieder zu Hause war, draufgegangen. Das war schon eine recht lange Zeit. Dass man dann langsam wieder ausgerechnet hat, wann ich mich fertig mache und wieder auf Arbeit gehe.

GRUPPE

Und waren sie nach der Arbeit zu erschöpft um noch irgendetwas zu unternehmen oder gingen Sie öfter irgendwie noch aus?

Klaus Brodale

Wir haben schon eine ganze Menge unternommen, aber Erschöpfung war natürlich oft da. Solange die Lehrzeit ging, war das noch nicht so schlimm. (…) Aber es gab dann schon Schichten, die dann richtig krass waren. Da ist man schon im Bus eingeschlafen und im Zug wieder und hat zu tun gehabt, dass man nach Hause kam und ist mal umgefallen, hat geschlafen, ist dann aufgestanden und wieder auf Arbeit gegangen.

GRUPPE

Und wie sah damals Ihr soziales Umfeld aus? Hatten Sie viele Freunde als auch Kollegen oder wie war das?

Klaus Brodale

Nö, das… Also im Privatbereich hatte ich relativ viele Freunde in Ronneburg. Das hat mit Freizeitaktivitäten zu tun gehabt, die für uns damals interessant waren, die uns Spaß gemacht haben, wo wir eine gewisse Erfüllung gefunden haben, auch einen Austausch gefunden haben. Auf der Arbeit direkt ist es so, dass im Regelfall ja immer zwei Bergleute zusammengearbeitet haben, also immer Zweierteams. Ganz selten war es der Fall, dass man alleine gearbeitet hat, weil da die Gefahr relativ groß war, dass bei irgendeinem Unfall oder Unglück keine Rettung in der Nähe gewesen wäre und Freunde (…) das waren Kumpel. Und das ist das, was mich unter Tage wahnsinnig fasziniert hat. Das waren Menschen, auf die man sich hundertprozentig verlassen musste und auch verlassen konnte. Also ich habe genau gewusst, was mein Partner macht und der umgedreht. Und man hat immer Rücksicht genommen und aufgepasst. Das war das oberste Prinzip, anders hätte es nicht funktioniert. Weil als Bergmann hat man relativ viele Freiheiten. Weil man die ganze Schicht fast alleine arbeitet.

GRUPPE

Also … ja

Klaus Brodale

Fragen Sie ruhig.

GRUPPE

Gegenseitiges Vertrauen war sehr hochgestellt.

Klaus Brodale

Ja, natürlich. Und da hat es auch Spaß gemacht. Wenn das nicht gegeben war, wenn das gestört wäre oder was, da hat man mit den Kollegen nicht gerne zusammengearbeitet. Das ging auch meist nicht lange gut.

GRUPPE

Gab es da auch Fälle, wo Sie gesagt haben, nein, mit dem Kollegen möchte ich nicht zusammenarbeiten?

Klaus Brodale

Na, ich war da in einer relativ guten Situation. Ich hatte nach (…) weniger Zeit, nach meinem Auslernen, die Situation gehabt, dass mein Brigadier einen Unfall hatte im privaten Bereich und sehr lange ausgefallen ist. Und da hat man sich das leicht gemacht und hat mir einfach die Brigade übertragen. Ich habe dann zwar auch gearbeitet, aber ich musste alles andere noch nebenbei mit managen, konnte natürlich auch die Teams so zusammenstellen und habe an meinen alten Partner natürlich festgehalten. Das war für mich klar.

GRUPPE

Zu Ihrem Vorteil also.

Klaus Brodale

Ja, Vorteil. Ich habe ja genauso mitgearbeitet. Vorteile habe ich da nicht gehabt, aber ich konnte mir meinen Partner raussuchen. Wenn man das so interpretieren möchte, ist es korrekt.

INTERVIEWER

Vielleicht auch dazu noch, Sie meinten gerade, dass die Art zu arbeiten dann auch eine gewisse Freiheit mit sich brachte, die man natürlich dann auch kommunikativ lösen musste. War das herausforderungsvoll oder gab es überfordernde Situationen in dem Sinne auch? Wie war die Problemlösungsstrategie?

Klaus Brodale

Naja, man hat ja dann auch schon Erfahrung gehabt mit der Zeit und es gab eine Aufgabenstellung am Schichtbeginn und dann konnte man schon abschätzen, wie kann ich das am effektivsten organisieren, dass das relativ gut auch funktioniert. Aber der Teufel steckt im Detail. Es gab dann halt immer Komponenten, die die Planung durcheinander gebracht haben. Und da konnte es dann manchmal auch schon ein bisschen hektisch werden, dass man das bis zum Schichtende letztendlich geschafft hat. Weil die nächste Schicht stand ja dann schon bereit und hat sofort, wie weit seid ihr denn und warum ist und das nicht… Da gab es immer große Diskussionen. Am sichersten war es, wenn man das geschafft hat. Und je mehr Erfahrung man hatte, desto besser hat das funktioniert. Man musste halt auch aufpassen. Also es war ja nicht ungefährlich unter Tage. Es gab auch viele schwere Unfälle, teilweise tödliche Unfälle, über die nicht groß berichtet worden ist. Aber das hat man schon immer gemerkt, wenn man auf den Schacht kam, und es war so eine gedrückte Stimmung. Da wussten wir sofort, dass irgendwas passiert jetzt, in den letzten Stunden. Und meistens war es dann auch so.

GRUPPE

Wie würden Sie denn die Arbeitssicherheit generell beschreiben, gab es eine bestimmte Kleiderordnung, die eingehalten werden musste, also z.B. Arbeitssicherheitsschuhe?

Klaus Brodale

Es gab eine Kleiderordnung, natürlich, und es wurde auch Wert darauf gelegt, auf die Sicherheit der Bergleute. Aus ganz pragmatischen Gründen. Unter Tage ist es fast überall nass. Teilweise steht das Wasser sehr hoch, also was kann man gegen die Lederschuhe tragen. Gummistiefel. Arbeitskleidung, warme Unterwäsche, ein Arbeitsanzug, ein Helm, der war ganz wichtig, sonst hätte es nur Schrammen gegeben und natürlich Sicherheitsvorkehrungen. Es gab einen Selbstretter, war in einer Metallbuchse, ein Gerät, wo man über einen relativ bestimmten Zeitraum gefährliche Gase aus der Luft, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, herausfiltern konnte. Also mit einem Schlauch wie bei einer Gasmaske. So ähnlich muss man sich das vorstellen. Und sich da rechtzeitig noch in Sicherheit bringen konnte. Dann gab es natürlich auch, (…), das war in jeder Schachtanlage so, dass überprüft wurde, wo zum Beispiel konzentriert radioaktive Gase aufgetreten sind, dann durfte man dort nicht arbeiten. Oder, was ganz gefährlich war, waren diese Stäube. Beim Bohren und beim Fördern ist Staub entstanden, der war nicht immer mit Feuchtigkeit gebunden und den hat man eingeatmet. Und da gab es halt in den frühen Jahren der Wismut ganz viele, die dann schwere Lungenerkrankungen hatten und auch ganz viele gestorben sind. Und da wurden halt dann auch Vorkehrungen getroffen, also es wurde zu einer Berieselung von Benebelungsanlagen, wo die, auf den Hauptförderstrecken, wo die Hunde, die Beladenen durchgefahren sind, dass man diesen Staub bindet. Also auch, wenn man in der Hauer-Gruppe gesprengt hatte, geschossen, so war das im Bergbau, dann sollte einem auch das Hauswerk, das daraus gesprengte Gestein, abgespritzt werden, dass der Staub gebunden wird. Staub war schon eine gefährliche Komponente. Und nicht nur radioaktive Stäube. Es gab auch bestimmte Schieferarten, die letztendlich in der Lunge dann auch zu einer Reaktion geführt haben.

INTERVIEWER

Ich würde vielleicht nochmal bei diesen Unfällen, die Sie gerade auch schon geschildert haben, einhaken. Wenn man da was mitbekommen hat, gab es sowas wie eine offizielle Kommunikation überhaupt oder war das eher was, was so durch die Brigaden so getragen wurde?

Klaus Brodale

Da gab es keine offizielle.

INTERVIEWER

Und wie war das dann auch, vielleicht haben Sie da einen Eindruck mitbekommen, mit so Sachen wie Beileid oder Unterstützung vom Staat oder von betrieblicher Seite, wenn es wirklich...

Klaus Brodale

Die gab es bestimmt, aber auch das wurde nicht kommuniziert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es das nicht gegeben hätte. Also Gott sei Dank in der Brigade, wo ich war, gab es keinen tödlichen Unfall. Es gab ein paar (…) schwerere Unfälle, aber nicht so, dass die lebensbedrohlich gewesen wären. Knochenbrüche oder sowas ist schon mal passiert. Und da weiß ich aber, dass die sich schon gekümmert haben. Gerade dabei natürlich schon wieder andere Extreme. Denn wenn es ein Arbeitsunfall war, es gab ja immer noch eine übergeordnete Leitungsebene. Der Steiger, der Obersteiger, die haben ja einen Teil ihrer Vergütung auch als Prämien erhalten und wenn in ihrem Zuständigkeitsbereich gehäufte Arbeitsunfälle aufgetreten sind, wurden diese Prämien gestrichen oder gekürzt. Deswegen hatten die ein Interesse, dass möglichst nichts passiert. Ich habe selber so eine Situation gehabt, ich hatte mir meine Untertage bei den Augen verätzt und musste dann als Notfall von Untertage heraus transportiert werden in die Augenklinik nach Gera. Und ich konnte noch nicht wieder sehen. Da standen die schon da und ich sollte irgendwelche Dokumente unterschreiben, dass mir gar nichts passiert ist. Und du brauchst dir keine Gedanken machen, du kriegst dein Geld ohne Einschränkungen so lange, wie es dauert. Aber ich sollte halt bestätigen, dass ich entweder schuld dran war oder ich … Ich habe gesagt, ich kann überhaupt nicht sehen, was ich unterschreiben soll. Und da kann man sich vorstellen, in so einer Situation reagiert man nicht normal. Da brechen die Emotionen durch. Ich habe getobt und hab die…

GRUPPE

Also haben Sie nicht unterschrieben?

Klaus Brodale

Nein, Gott bewahre, Wir waren ja nicht dumm. Auf jeden Fall bei den schweren Unfällen ist nach meiner Kenntnis auf den Schächten oder der Belegschaft offiziell nichts verkündet worden. War ja auch traurig genug, da waren alle deprimiert, wenn sowas war.

INTERVIEWER

Haben Sie davon bleibende Schäden getragen von dieser Verätzung?

Klaus Brodale

Nein, das ist dann im Laufe der Jahre ausgeheilt. Es war alles vernarbt, das Gewebe noch, aber es gab keine Sichteinschränkungen. Ich habe andere Schäden davon getragen.

GRUPPE

Gab es dann also noch eine Nachsorge mit Ihren Augen? Wurde sich dann noch darum gekümmert?

Klaus Brodale

Ich war dann sehr lange krankgeschrieben, weil das erst ganz langsam kam, dass das Augenlicht wieder... Erst habe ich nur gar nichts gesehen und dann nur so Schemen und das hat sich im Laufe der Zeit dann gebessert. Ich kann es jetzt gar nicht mehr sagen, wie lange ich da krank war. Das hat relativ lange gedauert, aber...

GRUPPE

In der Zeit haben Sie sich um Sie gekümmert?

Klaus Brodale

Ja, gekümmert. Die Kollegen, ja. Der, mit dem ich zusammengearbeitet habe, der hat mich halt besucht. (…) Das habe ich vorhin gemeint, dass man da so ein Vertrauensverhältnis hatte. Vor allem, wenn man über lange Zeit oder längere Zeit mit einem Partner zusammen dort gearbeitet hat, hat man sich blind verstanden und auch füreinander eingestanden. Das fand ich immer bewundert wert. Und das habe ich auch später hin nicht erlebt. Das war für mich ein Unterschied. Also ich muss sagen, ich bin gerne Bergmann gewesen. Und das hat mich auch stolz gemacht.

GRUPPE

Und Sie haben gesagt, dass Sie andere Schäden von der Arbeit bei der Wismut davongetragen haben?

Klaus Brodale

Ja, also ich war im Bergbaubetrieb in Schmirschau, Lokfahrer im zentralen Materialtransport. Und dieser zentrale Materialtransport hatte die Aufgabe, alle Grubenhölzer, alle Schienen, alle Rohre von Übertage zu den einzelnen Grubenrevieren zu bringen. Und gerade das Grubenholz, das war wahnsinnig schwer. Das muss man sich so vorstellen, wie teilweise solche starken Baumstämme, so 2,80 Meter bis 4,50 Meter lang, die wurden von Übertage in Schmirschau durch ein Rohr nach Untertage geworfen. Also im freien Fall sind die durch das Rohr, was unten einen 90-Grad-Winkel hatte, in ein Riesenwasserbecken, sind die da reingeschossen. Dort haben wir die rausgefischt und haben die auf Catcher, also das sind Transportwagen (…) rüber geschmissen, aufgestapelt und haben da in der Schicht manchmal so 200, 250 solche Baumstämme erstmal geladen, dann gefahren. Da ist oft genug was passiert, weil die Gleisanlagen natürlich, das war Bergbau, das war nicht wie Eisenbahn oder Straßenbahn. Da wäre das undenkbar, aber im Bergbau sieht das alles ein bisschen anders aus. Da konnte es auch passieren ruckzuck war die Lock entgleist. Und die Dinger sind ja teilweise auch ganz schön schwer gewesen. Also das war manchmal eine Schinderei, wenn sowas passiert ist. Und haben die dann praktisch bis an den Bestimmungsort gebracht und dort wieder alles abgeladen. Und das war… ich habe oft blaue Flecken auf den Schultern gehabt, wenn man irgendwas wieder rausstemmen musste, um das einzugleisen, also das war schon ziemlich schwer. Ja, und da kam es dann halt auch relativ schnell, war vielleicht auch, na gut Spekulation, ich habe mit 17 Jahren dort angefangen und da war eben der Körper noch nicht so weit entwickelt. Ich habe aber alles mitgemacht. Ich wollte das ja auch. Und da kam es dann relativ schnell dazu, dass ich immer mehr Probleme mit der Wirbelsäule gekriegt habe. Mehrmals musste ich dann von Untertage herausgeholt werden, weil ich überhaupt nicht mehr hochkam. Und wenn sich noch irgendwas gebückt hat, auf jeden Fall ging nichts mehr. Da ist man auf allen Vieren dort rumgekrabbelt. Sodass dann an mich herangetragen wurde, dass es wohl besser wäre, wenn ich unter Tage meine Tätigkeit aufgeben würde. Und das hat sich dann im Laufe der Jahre immer weiter verschlechtert. Ich bin heute großflächig Wirbelsäulenversteift, Halswirbelsäule, Lendenwirbelsäule, kann kaum was tragen, nur ganz kurze Strecken gehen. Sitzen ist auch nicht ideal, außer mit meinem Spezialstuhl, da kann ich super zurecht, aber auf dem normalen Stuhl geht es nicht lange. Da sag ich dann, ich kann nicht mehr. Ja, aber das ist als Berufskrankheit natürlich nicht anerkannt worden.

INTERVIEWER

Trotzdem sagen Sie, Sie waren gerne Bergmann, gerade auch als Lehrling. Sie wollten das auch.

Klaus Brodale

Ja, natürlich.

INTERVIEWER

War es die erste Einfahrt in den Schacht, wo Sie gesagt haben, das ist es?

Klaus Brodale

Ja, ich war von Anfang an begeistert. Ich habe das auch als Herausforderung betrachtet. Das hat mich auch in gewissem Maße erfüllt und das war ja sehr abwechslungsreich, die Arbeit. Das kann man schwer jemandem beschreiben, der das nicht kennt. Vielleicht haben es andere anders empfunden, ich habe es so empfunden. Ich war stolz darauf Bergmann zu sein, bin ich heute noch. Wir fangen aber jetzt nicht nochmal von vorne an. Ja, weil die jetzt

INTERVIEWEE

so flach steht.

RIKE

Ja, genau. Ich schaue mal, ob ich das nochmal umstelle. Wenn das Licht nicht stimmt, dann machen wir es von hier aus. Das ist ja nicht verkehrt, aber hier ist es auch sehr hell. Das Stück ist noch da.

OTHER

So, das packe ich mal da drüben hin. Dann tauschen wir einfach mal Perspektiven.

INTERVIEWER

Da nimmt es nicht so viel Licht drauf. Perfekt, weiter geht's.

GRUPPE

Sie haben uns ja vorhin schon so ein bisschen beschrieben. Aber können Sie noch mal im Detail beschreiben, wie so ein typischer Alltag bei Ihnen ablief? Also vom Aufstehen bis zum Schlafen gehen?

Klaus Brodale

Ja, ich habe ja drei Schichten gearbeitet. Am Beispiel Frühschicht. Man müsste schon relativ zeitig aufstehen. (…) Da müsste ich jetzt überlegen. Ich glaube so halb vier, halb fünf. Und schnell was frühstücken, einen Kaffee trinken. Da mussten wir ja schon losrennen, weil es für die Busabfahrzeiten gab es feste Termine, da mussten wir da sein, weil das ja auch wirklich perfekt geklappt hat. Ja und dann ist man mit dem Bus, bin ich zum Südbahnhof dann gefahren, von dort mit dem Zug nach Raitzhain. Da wurde umgespannt, weil ein Teil weiter in eine andere Richtung gefahren ist und ich dann wieder mit dem Teil nach Schmirschau bzw. Reust gefahren bin. Da war ein Bahnhof für beide Schachtbetriebe. Ja, (…),dann hat man auf die Uhr geguckt, man weiß ja, wann man einfährt. Wenn da noch andere Sohlen bedient worden sind, wo Kumpel eingefahren und ausgefahren sind, hat man ein bisschen mehr Lust gehabt, dass man vielleicht nochmal schnell einen Kaffee trinken gegangen. Dann ist man ins Schachtgelände rein, also alles andere, Küche und Kantine und sowas, nach außerhalb. Da gab es eine Kontrolle durch die Wismut-Polizei, muss man seinen Betriebsausweis vorzeigen. Da wurde Wert drauf gelegt. Es wurde ja schließlich auch Uranerz abgebaut. Dann ist man in die Weißkaue, hat seine Sachen, seine guten, dort in den Schrank gehängt. Ist dann durch den Gang in die Schwarzkaue, da waren die Arbeitssachen. Wenn irgendetwas kaputt oder zu schmutzig war, hat man das vorher getauscht noch. Da hat man bloß Bescheid gesagt. Ich brauche das und das und hat das gekriegt und mitgenommen. Hat sich dann umgezogen. Dann gab es einen langen Gang, wo sich die einfahrende und die ausfahrende Schicht getroffen hat. Das war ein Spektakel, wenn man das miterlebt, weil alles durcheinander geschrien hatte. Total verrückt. Hat dort nochmal eine Verpflegungsstelle gehabt, wo man in Beuteln abgepackt, also dass man nicht mit den schlammigen, staubigen Händen dort essen muss. Obst, wirklich alles was an Obst gab, das war eine hervorragende Versorgung. Bananen und Apfelsinen gab es dort das ganze Jahr. Milch abgepackt und was weiß ich, belegte Brote oder was. Das war eben alles schon fertig gemacht. Das hat man mitgenommen, in seinen Beutel gesteckt, den man nach oben hingehabt hat. Dann ist man in die Lampenstation gegangen, hat seine Grubenlampe geholt. Da gab es bei jedem eine eigene Nummer, unter der die Lampe eingestellt war. Wurde im Regal gesteckt, wenn man ausgefahren ist. Und da wurde die aufgeladen, bis man sie wieder entnommen hat. Hat seinen Grubenretter, den ich vorhin schon, den Selbstretter, den man umgehabt hat. Der stand auch wieder mit einer Nummer da. Hat alles eine Bedeutung gehabt. Wenn wirklich jemand mal verschollen gewesen wäre, hätte man da feststellen können, ob der ausgefahren ist oder nicht. Und dann gab es zusätzlich noch ein Markensystem. Man hatte eine Marke mit seiner Nummer. Die wurde dann unter Tage, wenn man eingefahren ist, mit dem Förderkorb, gab es Tafeln und da wurde die angehängt. Wenn man ausgefahren ist, wurde das wieder aufgezogen und hat man seine Nummer abgenommen. Damit war die Kontrolle da, wenn da welche hängen geblieben wären, hätte man sofort gewusst, hier fehlen noch Bergleute. Weil das (…) macht man sich vielleicht keine Vorstellung. Das ist nicht so, als wenn man mal zu einem kleinen Besucherberg geht. Das zieht sich kilometerweit. Also von dem Schacht, wo ich war, ist man um den Tagebau in Lichtenberg ringsherum gefahren und kam dann fast in Grobsdorf, da war noch ein kleiner Schacht, da kann man wieder raus. Es waren schon beide entfernt. Na gut, da ist man zu seinem Betriebspunkt. Wenn es zu weit war zum Laufen, gab es auch untertage Züge mit kleinen, ganz engen Waggons, da hat man sich reingequetscht und ist dann in eine bestimmte Richtung gefahren worden, da sind wir ausgestiegen. Man wusste ja schon, was man für Aufgaben hat, wie die Schicht vorher, wie weit die gekommen sind, was vielleicht liegen geblieben ist. Diese Informationen waren wichtig. Da sind wir halt dahin gelaufen, hat angefangen zu arbeiten und wenn es stressig war, hat man auch keine Pause gemacht. Das Essen und Milch und sowas hat man dann auf dem Rückweg, wenn man zum Ausfahren gegangen oder gerannt ist manchmal, weil es einfach zu knapp geworden ist dann. Aber man wollte unbedingt die noch was fertigbringen. Da hat man das noch ganz schnell reingestopft. Naja, das war manchmal ein bisschen verrückt. Dann ist man ausgefahren, geduscht, rüber, die eigenen Sachen wieder angezogen, raus aus dem Schacht, wieder mit Polizeikontrolle, ob man kein Erz oder irgendwelche Mineralien mitnimmt, in die Küche gegangen. Da gab es eine ausgezeichnete Verpflegung. Das Betriebsessen bei der Wismut war absolut top. Wahl-Essen und (…) die feinsten Sachen. Richtig große Portionen. Selbst das hat manchmal nicht gereicht. Da hat man manchmal zwei Marken hingetan. Also Hunger war dann schon da. Na ja, und dann wieder in den Zug und da ist man meistens schon eingeschlagen. Ja, dann wieder mit dem Bus und dann waren wir endlich zu Hause.

GRUPPE

Und wann war das?

Klaus Brodale

Ich schätze mal, ich kann es jetzt nicht mehr so von mir aus… das ist ja auch schon ein paar Jahre… ich schätze um drei rum, war ich dann wieder da.

GRUPPE

Und außerhalb der Arbeit, wie haben Sie Ihre Freizeit gestaltet?

Klaus Brodale

Da muss man fragen, zu welcher Zeit? Ich war ja knapp zehn Jahre bei der Wismut. In den ersten Jahren war ich ja trotzdem noch ein Jugendlicher oder junger Erwachsener. Da gab es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sogar schon als Schüler setzt es sich ein. Weil die Wismut war ja auch in Ronneburg präsent, zum Beispiel im Sport. Die Wismut hatte dort ein damals super modernes Sommerbad hingebaut, weil das alte abgerissen werden musste. Da war ich im Schwimmen aktiv, da war ich aber noch in der Schule. Hab dann später auch noch in der Schule gewechselt zur Leichtathletik. Alles bei der BSG Wismut Ronneburg. Und es war dann Anfang der Lehre, habe ich dann mit Sport aufgehört und da wurde auf einmal die Kultur interessant. Und da gab es in Ronneburg einen Single-Club. Ein Single-Club war eine Gruppe junger Leute, die politische Lieder gesungen hat, die sich aber auch mit ihrem eigenen Lebens- und Arbeitsumfeld beschäftigt hat. Und das hat mich sehr gereizt. Meine Frau hat auch mitgemacht. Und das haben wir Mitte, zweite Hälfte der 70er Jahre bis dahin gemacht. Dann wurde ich zur Armee eingezogen, als zweifacher Vater. Das war besonders hart. Mein zweiter Sohn ist da gerade geboren worden. Ich habe den nach einem Vierteljahr das erste Mal gesehen. Da war ich natürlich... Ja, aber das war eine ganz interessante Zeit. Weil die jungen Leute waren auch damals nicht unkritisch. Das wird manchmal so ein bisschen dargestellt. Das war schon sehr weit verbreitet. Erst einmal politische Witze hat sowieso jeder gemacht. Zumindest in der Zeit vorher war es schon gefährlich, da mussten wir überlegen, was man da wann sagt. Aber in den 70er, 80er Jahren war das nicht noch so dominant. Und da gab es immer, jedes Jahr oder alle zwei Jahre, so eine Werkstattwochen der Singe-Clubs. Und da sind wir auf einer auf dem Gundermann mit seiner Seilschaft getroffen. Und der war ja auch Bergmann. Und mit offenem Mund standen wir da. Das hat uns wahnsinnig berührt, was der für Texte gemacht hat.

INTERVIEWER

Ich weiß nicht, ob ihr das gesehen habt, die Gedenkstelle hat mal so einen Instagram-Post gemacht mit Wundermann, weil wir auch gerade eine Ausstellung gerade haben.

Klaus Brodale

Aber das hat uns, ne, einfach weil so viele Bezugspunkte da waren. Das war für uns wahnsinnig spannend. Und da ist dann der Wunsch gereift, so etwas ähnliches können wir auch.

INTERVIEWER

Ich wollte kurz inzwischen fragen, ich hatte letztes Wochenende ein Interview mit Bärbel Hofmann.

Klaus Brodale

Ja

INTERVIEWER

Sie kennen sich wohl?

Klaus Brodale

Ja, natürlich, das ist nämlich die gleiche Zeit. Die waren ein bisschen jünger als wir, ist aber auch mit reingewachsen. Genau. Und da kamen wir dann drauf, wir machen ein Programm über die Wismut. Nun ist Wismut ja immer noch etwas anderes gewesen als Braunkohlenbergbau. Weil Wismut geht es ja um Atomenergie. Für Atommeiler, aber auch für Waffen. Das war übrigens für mich auch ein Beweggrund, warum ich zum Wissen mitgegangen bin. Weil ich nach wie vor die Auffassung vertrete, dass dieses atomare Gleichgewicht, was nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, nicht nur Europa, sondern fast der ganzen Welt, überhaupt der ganzen Welt, über Jahrzehnte den Frieden gesichert hat. Es gab keinen Atomkrieg, obwohl er möglich gewesen wäre. und ob wahrscheinlich Situationen da waren, wo es hätte dazukommen können. Und ich sehe es so, dazu habe ich mit beigetragen. Und da bin ich stolz drauf. (…) Und ich wäre froh, wenn es das militärische Gleichgewicht heute noch gäbe. Denn wenn wir nämlich heute nicht in der Situation, in der wir sind (…) dann müsste es keinen Krieg geben. Und den besten Punkt in dieser Entwicklung – es gibt halt zwei Riesenmachtzentren in der Welt – hat man gehabt, als die Atomwaffenabrüstung in Gang gekommen war. So was würde ich mir wünschen, wenn wir an so einem Punkt mal wieder kommen würden. Weil das war das Einzige, was vernünftig war und was Gefahr abgewendet hat oder minimiert hat wenigstens. Na gut. Aber wir waren – jetzt bin ich abgeschweift, Entschuldigung – wir waren bei der Kultur. haben uns gesagt, so was können wir auch. Und da haben wir uns Lieder rausgesucht von anderen Textern und Komponisten, die da vielleicht passen könnten, aber so richtig zufrieden hatte uns das nicht gestellt und kamen dann darauf, dass wir ein durchaus szenisch gestaltetes Programm entwickelt haben, mit Sprechtexten, mit Rezitationen, aber auch mit eigenen Liedern und Songs, wo wir uns dem Thema Wismut gewidmet haben. Und da war zum allerersten für uns ein Interesse, wie die Wismut unseren Lebensalltag in Ronneburg beeinflusst. Und da haben wir das Ronneburg-Lied. Kennst du das?

GRUPPE

Bestimmt, hoffe ich.

Klaus Brodale

Zwischen Thüringen und Sachsen liegt Ronneburg, eine schöne Stadt. Es war der Heilbad und auch Quellen, die sie heute, damals, nicht mehr hat. Dafür sind es aber Halden, schön wie eine Mädchenbrust. Weithin grüßen sie ins Land rein. Sie zu sehen ist eine Lust." Das war natürlich Sarkasmus.

GRUPPE

Ich kenne den Text.

Klaus Brodale

Den haben wir uns bei uns in der Wohnung ausgedacht. Da war fast die gesamte Truppe da. Die meisten saßen auf dem Fußboden, so viel Platz hatte ich ja gar nicht. Das heißt, wir mussten uns bis früh darauf geeinigt haben und haben das dann in Form so einer Moritat. Da gab es früher ganz oft, wo man zu Bildern dann gezeigt hat und vorgetragen hat, möglichst einfache Texte, die sich toll gereimt haben. Auch dazu haben wir Bilder entwerfen lassen. Also da ist diese Frau dargestellt und die Landschaft mit den zwei Halden und die wurden dann projiziert bei der Aufführung.

INTERVIEWER

Wo waren diese Aufführungen?

Klaus Brodale

Ach, überall. Bei den Arbeiterfests. Ich hab mir ja mal was rausgesucht. Hier, das war zu den Arbeiterfestspielen, sind wir gefahren. Da bin ich auch zu sehen, halb so halb verdeckt hinten.

INTERVIEWER

Darf ich das fotografieren?

Klaus Brodale

Ja, sicher. Da habe ich kein Problem. Das war dann auch mal bei so einer Werkstattwoche, da wurde auch über uns geschrieben. Und bei den Arbeiterfestspielen hat man dann mit unserem Programm, durchaus Erfolg und haben dann eine Goldmedaille gekriegt. gekriegt, weil das aber auch wieder in der Bergbauregion war. Das war in Dresden oder Cottbus. Und das war so der Regieplan. Das ist unser Programm. (lacht) Wenn wir darüber gesprochen hatten, hab ich gesagt, wir müssen noch was haben. Da steht noch alles, wo hinläuft und wo welche Technik steht. Ja, und das hat uns halt wahnsinnigen Spaß gemacht. Wir hatten auch das Glück, lief alles über das Bergarbeiterklubhaus in Ronneburg und da gab es als künstlerischen Leiter einen jungen Mann, der von der Hochschule für Musik in Weimar gekommen war als Absolvent. Und der hat sich bei uns mit integriert, hatte natürlich Wahnsinns Ahnung, da musste zum Beispiel bei diesen Moritatengesang immer die Klarinette spielen, ich weiß nicht, ob du die kennst. (summt/singt) Und dann ging das los mit den Sprechgesang. Da hat er einen Ausreiseantrag gestellt und war dann weg. Ja, war eine sehr interessante Geschichte. Aber ich bin dann Mitte der 70er Jahre zur Armee einberufen worden. Und da ist die ganze Geschichte auseinandergelaufen. War schade. Und später waren wir zu alt dafür. 41:26#

INTERVIEWER

Das heißt, Sie waren bei der Armee von wann bis wann?

Klaus Brodale

Von 1975 im Herbst bis 1977 früher.

INTERVIEWER

Und als sie dann zurückgekehrt sind?

Klaus Brodale

Naja, da war ich weiter bei der Wismut, da gab es den Singen-Club gar nicht mehr. Man hat ja die Leute alle gekannt und angesprochen. Ich war nicht der Einzige, da sind glaube ich drei oder vier von den Jungs gleichzeitig einberufen worden. Und das waren so die, die am meisten dahinter standen, die Macher, die das zusammengehalten haben. Ja und so war es das. War schade, also da denke ich heute noch dran. War eine tolle Sache und ich finde es auch heute noch wichtig, dass man sich mit solchen Mitteln auch politisch äußert. Passiert viel zu wenig.

INTERVIEWER

…. auf jeden Fall auch die Choraufnahmen von Frau Hoffmann bekommen, aber das ist halt nochmal was anderes als der Singe-Club.

Klaus Brodale

Ja, die hat ja viel Chor gemacht, ja das stimmt. War aber auch wieder mit der Wismut verknüpft.

INTERVIEWER

Haben Sie noch Aufnahmen aus der Zeit?

Klaus Brodale

Nein, ich habe gar keine Aufnahmen. Das wäre sowieso so eine Sache, weil Sie gesagt haben, mit Quellen zur Wismut, das habe ich seit der Wende äußerst bedauert, dass gerade auf dieser Strecke, in den ganzen Clubhäusern, jede Schachtanlage hat ein Clubhaus unterhalten, in irgendeinem Ort. Da ist zu viel zusammengekommen. Da ist zu viel fotografiert worden. In Ronneburg, die hatten einen hauptamtlichen Fotografen mit einem riesigen Fotolabor und zigtausenden von Fotos. Ich garantiere, da ist nicht ein einziges im Wismut-Archiv. Die sind alle weg. Wurden alle entsorgt. Und das ist schade. Genauso auf den Schächten. Was wir heute an Fotos von unter Tage haben, sind alles Fotos, die in der Wendezeit aufgenommen worden sind oder die Leute mit einer Ausnahmegenehmigung mal aufnehmen durften. Da wurde auch vorgeschrieben, was und wo die wann und wen fotografieren sollen. (…) Die haben genau so Fotografen gehabt, die das mit. Theoretisch wäre alles zu dokumentieren, aber manchmal kommen ja so ein paar Filme oder Filmschnipselchen, die ich natürlich mit großem Interesse anschaue. Ich habe nämlich auch von mir noch ein Foto, ganz außergewöhnlich. So sah ich aus, bevor ich eingefahren bin.

INTERVIWER

Wie alt waren Sie da ungefähr? 17, 18?

Klaus Brodale

Nee, da war ich schon 22, schätze ich mal.

INTERVIWER

Das fotografiere ich doch auch gerne mal.

Klaus Brodale

Das können Sie mitnehmen.

INTERVIEWER

Das können wir mitnehmen, sehr schön.

Klaus Brodale

Ich habe das Original dazu.

GRUPPE

Also würden Sie sagen, das war eine der für Sie persönlich wichtigsten Clubs oder Freizeitaktivitäten?

Klaus Brodale

Das war auf jeden Fall eine Sache, die mich sehr stark geprägt hat.

INTERVIEWER

Haben Sie in der Lehre noch Sport gemacht?

Klaus Brodale

Nein, das ging überhaupt nicht. Da war ich viel zu kaputt. Aber manche haben es noch gemacht. Doch, so ein bisschen nebenher habe ich immer noch gemacht. Stimmt, wenn Sie mich jetzt so fragen. Aber das war dann relativ schnell zu Ende. Man hat sich dann auch körperlich verändert. Erst mal durch die Arbeit. Ist breiter geworden, mehr Muskeln entwickelt, gut gegessen, hat sich auch niedergeschlagen. Vorher war es so ein Strich in der Landschaft, (…), da war dann nicht mehr viel. Außerdem hat das viel mehr Zeit in Anspruch genommen, (…), aber da haben wir auch gefiebert, wenn wir die nächste Probe haben und da wieder zusammenkommen.

INTERVIEWER

Also war es eher so, dass die Hauer oder Steiger nicht in den Breitensport mit drin waren, sondern eher die Leute aus dem Transportbetrieb vielleicht?

Klaus Brodale

Wahrscheinlich, ja. Vereinzelt gab es welche, (…), das waren wahrscheinlich eine Gruppe Talente, die das geschafft haben, (…), ja.

INTERVIEWER

Vielleicht auch sonst so ein Kulturangebot. Sie meinen ja, es gab diese Clubhäuser. Was wurde da so gezeigt? Sie meinten, es hatte schon irgendwie auch eine politische Dimension. Was davon, also vielleicht würden Sie auch ein Verhältnis setzen, so das was in den Händen staatlich war und das was auch die Allgemeinheit dazu beitragen konnte, halt irgendwie zu einem Kulturprogramm, was vielleicht auch...

Klaus Brodale

BRODALE: Naja, das war so eine Bewegung, die es mal gab, wo viele drüber gelacht haben, dass die Brigaden bei der Wismut in ihren Kulturhaus selber in Berührung mit Kultur kommen sollten. Das nannte sich ökonomisch-kultureller Leistungsvergleich. So ein Wortungetüm, also abgekürzt wurde es immer als Ökolei. Das sah die eigene Kultur-Betätigung, die stand da hinten an. Es sei denn man hatte jemanden in seiner Brigade, den man da vorzeigen konnte, auch das war Teil unseres Programms, sowas kam nämlich auch nicht vor. Das waren auch Sachen, die uns da geärgert haben, dass man das in eine Show inszeniert hat mit einem Haufen Geld. Und da gab es dann eine große Auswertung, und wie toll sich da die Brigaden da jetzt eingebracht haben und auch Rückschlüsse auf die ökonomische Entwicklung.(…) Ja gut, dann haben alle gelacht, aber es gab dann eine große Feier und da sind dann natürlich alle gerne hingegangen, weil da war natürlich Geld und Potenzial da. Das hat sich die Wismar immer was kosten lassen. Überhaupt feiern bei der Wismut, das war immer, (…), nicht ohne.

INTERVIEWER

Was wurde denn am meisten gefeiert?

Klaus Brodale

BRODALE: Ja, der Tag des Bergmanns, der stand im Mittelpunkt. Aber auch wenn wir so eine Geschichten, wie zum Beispiel diese Goldmedaille bei den Arbeiterfests spielen, da wurde man schon eingeladen und da wurde groß aufgefahren und getrunken. Das Trinken war eh ein Problem. (lacht)

INTERVIEWER

Ich würde sagen zum Trinken haben wir auch noch eine Frage dazu.

GRUPPE

Ja, unzwar, was denken Sie, welche Rolle hat der Alkohol damals gespielt?

Klaus Brodale

Da muss man fragen, welcher Alkohol, weil es wurde schon nach meiner Meinung oft auch sehr differenziert. Man kann nicht alles über einen Kamm scheren. Problemteil war natürlich der Bergarbeiterschnaps. Weil es da für den Kumpel unter Tage vier und mehr Liter Schnaps im Monat gab, die muss man erst mal wegtrinken. Ich habe den nie gemocht, aber man hatte ein tolles Tauschmittel. Man konnte damit alles, nicht alles, aber vieles leichter kriegen, als wenn man nur ankam und sagt, ich habe Geld. Und ansonsten, (…), da haben wir dort Bier getrunken, auch in dem Single-Club. Wenn wir die Proben beendet hatten, sind wir halt in die Gaststätte eingerückt und saßen, bis sie die Tische hochgestellt haben.

INTERVIEWER

Können Sie sich noch daran erinnern, ob Sie vielleicht eine konkrete Dienstleistung oder irgendwas, was Sie gegen Schnaps mal eingetauscht haben?

Klaus Brodale

Minerale hatte ich mal getauscht, (…), ich hatte ein Moped, glaube Reifen. Der war mal kaputt, da hat man es immer repariert und da habe ich ihm was gegeben. Also, die unmöglichsten Sachen. Das war halt bekannt. Manche, die eben nicht bei der Wismut waren, haben dann schon gefragt, ob sie Gruben-Schnaps kriegen können und dann hat man entweder diese kleinen Kerzen, 700 Gramm stand da drauf, oder man hat eine Flasche gehabt, (…) hat man eingetauscht. Und ansonsten wurde da verwendet, um da, was weiß ich, Obst einzulegen. Schwarze Johannisbeeren war der Renner. Da wurde mit dem Wismut-Schnaps was angesetzt, den haben die Frauen besonders gerne getrunken. Und Eierlikör.

INTERVIEWER

War das bei Ihnen nach mir dann auch so ein Ding, das gemacht wurde, hatten Sie einen Garten?

Klaus Brodale

Ja, nur kurze Zeit, den habe ich dann meinen Schwiegereltern übergeben, weil mir das zu viel wurde. (…) Ich war dann mehr der Helfende Teil. (lacht) (…) Und der Feiernde natürlich. (lacht) Und die Feiern standen ganz groß. Aber ganz normal, ich denke mir das ist heute unter jungen Menschen überhaupt nicht anders. Wenn es eine Gelegenheit gibt, wo man zusammen sein kann, dann feiert man das. (…) Na klar, da wird alles beredet. Und was man ansonsten mit sich rumschleppt, das war uns eben wichtig. Da sehe ich auch keinen großen Unterschied zu heute.

INTERVIEWER

Gibt es für Sie noch Orte in Ronneburg oder auch in Gera, die so dieses Zusammenkommen repräsentieren? Wo war das, war das eher in Privatwohnungen oder war das eher in Kleingärten, oder wo man so gefeiert hat?

Klaus Brodale

Ja gut, das war aber mehr der Freundeskreis, das waren nicht die Arbeitskollegen.

INTERVIEWER

Aber vielleicht beides?

Klaus Brodale

Mit den Arbeitskollegen war das ja auch so eine Geschichte, die kamen ja nun aus allen Himmelsrichtungen. Es war nun nicht so, dass in der Brigade alle in Gera Lusan gewohnt hätten. (…) Da hat damals zu meiner Zeit, glaube ich, einer gewohnt. (…) Die haben in anderen Teilen von Gera gewohnt oder in Greiz, in Plauen. Die wurden ja alle mit den Bussen reingekarrt und dadurch sind die auch nach der Schicht alle auseinandergelaufen. Wollte jeder nach Hause. Deswegen war das nicht so ausgeprägt. Das war mehr der Freundeskreis, (…) der private.

INTERVIEWER

Und wie sah es in Lusan aus? Gab es da so typische Orte, die irgendwie mit dieser Arbeiterkultur, mit der Bergmannkultur zu tun hatten?

Klaus Brodale

Nein.

INTERVIEWER

Es wurde ja wirklich als Planstadt ja auch hochgezogen.

Klaus Brodale

Ja, aber nicht ausschließlich für Wismut-Beschäftigte. Es ging ja genauso darum, Industriezweige, die sich in Gera angesiedelt hatten, Elektronik, Zeiss, die mussten ja alle Arbeiter unterbringen. Also es war ja keine Bergbausiedlung, wie die Neue Welt in Ronneburg, die hatte ja sozial einen ganz anderen Hintergrund gehabt. Hier hat die Wismut einen Anteil daran gehabt, aber nicht ausschließlich. In dem Neubaugebiet Biblach sah das schon wieder anders aus. Also auch wesentlich eher entstanden, adäquat etwa zu Ronneburg, (…) da haben ursprünglich halt früher viele mit Wismuter gelebt. Und was man dabei auch noch beachten muss, als wir damals junge Erwachsene waren, sind ja dann auch ganz viele von Ronneburg weggegangen, weil die Eltern, die ursprünglich dort eine Wohnung gekriegt hatten, deren Kinder waren ja erwachsen, da gab es aber keine freien Wohnungen. Deswegen haben die sich anders orientiert und sind dahin gegangen, wo es Wohnungen gab. Jetzt sieht das wieder anders aus. Von den ersten Erstbezugsleuten, die da in die Wismutwohnung gezogen sind, leben ja ganz viele nicht mehr.

INTERVIEWER

Sind Sie gerne tanzen gegangen auch?

Klaus Brodale

Damals nicht. (lacht) Später. (lacht) Als ich noch konnte. (lacht) Jetzt will ich gerne und kann nicht mehr. (lacht)

GRUPPE

Könnten Sie beschreiben, wie große Feste wie Weihnachten im Betrieb, aber auch privat abgelaufen sind?

Klaus Brodale

Im ****Betrieb ist da gar nichts gefeiert.

GRUPPE

Garnichts?

Klaus Brodale

Ne, Betrieb war einfach rationell durchorganisiert. Es gab immer Zeitfenster, zu denen man am Ende auf jeden Fall da und da sein musste. Ansonsten musste man zusehen, wie man da wegkommt. Also das hat im Betrieb überhaupt keine Rolle gespielt. Wenn, dann waren das Veranstaltungen zum 1. Mai, da wurde halt in Gera demonstriert. Und von der Wismut gab es dann auch welche, die haben dann so eine Bergbau-Uniform, so eine Uniform, ich habe sie aber noch nie gehabt, die sind da mitmarschiert. Und dann hat man sich getroffen, sehr oft im Bergarbeiterclubhaus an der Hennigsbrücke. Und da wurde dann halt gegessen und getrunken. Manchmal haben sie zu viel, nicht zu viel gegessen, zu viel getrunken und dann hat sich das erlaufen, also… (…) Na das waren ja nicht immer die Leute, mit denen man am liebsten zusammen war. Die kommen ja von überall her und die Wismut war ein Riesenunternehmen. Ich treffe heute noch manchmal welche, wenn die ins Gespräch kommen und ich sage, ich war ein Schmirrchen. Du warst ein Schmirrchen? Dann musst du doch den und den kennen. Ich sagte, was? Das habe ich noch nie gehört. Die haben überhaupt keine Vorstellung, wie so ein Bergwerk aussieht. Das geht ja über zig Sohlen. Dort im Regelfall alle 30 Meter eine neue Sohle. Kilometerweit mit mehreren Überhauen- und Abbaublöcken. Und Hauptförderstrecken und was nicht allem. Und Werkstätten gehören auch alles Untertage mit dazu. Mechaniker, Elektriker, Lockschlosser, Baggerschlosser. Und das, was weiß ich, in Schmirschau war es ja so, da ging es ja fast an den Übertrag schon los, als die Wismut angefangen hat in den 50er Jahren. Das war zwar kein Abbau mehr, als ich dort war, aber 120 Meter Sohle, 90 Meter Sohle war ich auch noch aktiv. Und da ging das runter bis 345 Meter. Das sind es dann alle (…) 45 Meter, eine neue Sohle aufgefahren. Das war wie ein Gespenst. Da gibt es so grafische Darstellungen, wo man das mal ahnen kann, wie sich das ausgestattet hat. Wahnsinn.

INTERVIEWER

War das vielleicht auch mal schön, das erste Mal, als Sie eingefahren sind? Wie war das vom Gefühl her?

Klaus Brodale

Wir ****waren wir angespannt. Das hat ja noch keiner von uns gehabt. Und (…) von meinen Freunden waren da auch noch zwei mit dabei. Da war man angespannt. Und diese Seilfahrt, das ging ja schon ganz schön rasend ab. Wir sind erstmal leicht ausgehoben, als sie angefahren sind. Und dann, pffsch, sauste das da runter. Wenn die abgebremst sind, der Vierterkorb, ist man leicht in die Knie gegangen. Und dann standen ja wie die Ölsardinen da drin, es musste ja möglichst viel rein. (…) Und jeder hat da noch einen Beutel und da noch was, was man alle schwer bepackt, was man alles mitschleppen musste. Naja, dann war man halt neugierig und hat geguckt. Und da war erstmal der Füllort, der ist ja relativ groß und hell erleuchtet und die Wände sind ein bisschen gekalkt. (…) Wie eine große Fabrikhalle. Und dann wurde das ganz schnell eng. Dann sah das anders aus. Dann war es dunkel. (lacht) Aber wir hatten ordentliches Licht gehabt. (…) Ja, da war jeder Tag war interessant.(…) Ich habe am Anfang immer geguckt, ob es irgendwo glitzert, funkelt. (…) Ja, manchmal kamen da schon paar Minerale zum Vorschein und da waren alle wie die Wilden hinterher in die schönen Farben und das rausgehackt. Das Schlimmste war dabei, die Russen, die waren immer zuerst da, die haben die teuersten Stücke immer abgefasst. Die durften wir auch nicht mitnehmen, ich hatte aber eine kleine Sammlung gehabt. (…)Aber, (…) habe ich dann irgendwann abgestoßen.

INTERVIEWER

Ich weiß nicht, ob das auf eurem Fragebogen noch draufsteht, aber ich habe tatsächlich noch die Frage, wie es denn aussieht, also mit die Verbindung zum Russen. Hatten Sie Kontakte zu Sowjetbürgern?

Klaus Brodale

Also nicht auf dem Schacht. Gar nicht. Das war vielleicht im Verwaltungsbereich anders. Da hatte ich überhaupt keine Kontakte. Aber in dem Singeclub, da hatten wir Kontakte. Das ist über das Clubhaus, über den künstlerischen Leiter, in den Schacht gelaufen, weil wir brauchten einen Akkordeonspieler. Wir wollten unbedingt noch... Bei uns hat ja fast jeder ein Instrument gespielt zum Schluss. Das hat ja alles da reingebracht und wir haben alle vom Blatt spielen gelernt. War schon toll. Aber Akkordeon, das haben sich alle überfordert gefühlt und dann haben wir gefragt, weil doch immer so das Klischee ist, dass viele von den Russen können Akkordeon oder Bandoneon spielen, ob nicht in der Kaserne einer ist, in Tins. Und Tatsache, die haben einen ausfindig gemacht, da wurde dann mit dem Auto von der Kaserne nach Ronneburg gefahren, da saß dann immer ein Offizier im Hintergrund, der hat aber auch mit uns Bier getrunken. Aber irgendwann hat er auf die Uhr geguckt und dann ist er aufgesprungen. Und der hat uns begleitet mit seinem Band unten. Wir haben den faktisch mal kurz vorgespielt und der war auch perfekt. Das waren Soldaten einfach. Und er hat auf die Noten geguckt und schon ging das los. Es ging vielleicht ein halbes Jahr und dann war der weg. Warum auch immer hat uns niemand gesagt. Aber das war,(…) ich glaube so eng Kontakt haben wenige gehabt. Der konnte kaum Deutsch. Da haben wir dann mit unserem Schulrussisch probiert, uns mit dem zu verständigen. Aber so ein richtiges Gespräch war das dann auch nicht. Da waren wir nicht gut genug. Ja, das waren meine Kontakte zu denen. (…) Ja, was war noch an der Wismut toll? Den Handel hatte ich ja schon mal ganz kurz angedeutet. Gesundheitswesen. Und das war ganz wichtig, (…) weil das war auch ein Kriterium. (…) Für viele war das damals so, wo die engsten Angehörigen nicht bei der Wismut gearbeitet haben, wenn die irgendeine Notwendigkeit zu einer Behandlung oder Notfall hatten, hat jeder probiert, in das Wismutkrankenhaus zu kommen. Und zum Teil haben die ja auch betriebsfremde Personen aufgenommen. (…) Aber das war auf genau so einem hohen Level organisiert. Also es gab auf jeden Schacht ein Schachtambulatorium. Das war mit Ärzten und Krankenschwestern besetzt, die die ersten Maßnahmen getätigt haben, wenn irgendwas passiert ist. Also da war ich selber auch schon, wenn die mich dann rausholen müssten. Und das war Perfekt. Die hatten auch einen Techniker, die haben röntgen gekonnt sofort und Schmerzmittel gespritzt und da ging es schon wieder ein bisschen besser. Ja und entweder haben sie, wenn sie gesagt haben, wir stoßen mal an unsere Grenzen, dann haben sie halt überwiesen entweder an die große Poli-Klinik in Biblach oder gleich ins Krankenhaus. Das war halt auch für die Familienangehörigen, auch die Frauenklinik. Meine Frau hat dort alle drei Kinder zur Welt gebracht. Und wenn man das verglichen hat mit dem Bismarckskrankenhaus, da lagen schon Welten dazwischen. Also diese großen Säle, die es da früher noch gab, in den alten Hauptgebäuden. Ich war da mal drin und habe ihn besucht. Ich dachte, um Gottes willen, hier möchte ich nie reinkommen. (…) Und das war in dem alten Wismut-Krankenhaus. Ich habe mir überlegt, wann das gebaut wurde. Das Ende der 50er Jahre. Mit, ich glaube, Zweibettzimmern. Das war doch schon ein Level. #1:00:33#

INTERVIEWER

In der Stadt für heute, für den… #1:00:37#

Klaus Brodale

Nein, also da wurde richtig Geld ausgegeben. Und das hat man halt auch gemerkt. Genauso als junger Mensch. (…) Ich hatte das mal angedeutet, dass man schon durchaus bisschen neidisch geguckt hat, weil wenn Schulschlussmittag war, das sind ganze Horten, unten über die Mühlengasse, dann Richtung Kropstorf hochgepegert, um dort in der Wismutküche Essen zu geben, weil die Eltern halt bei der Wismut waren und hatten die Essensmarken für die besorgt. Da standen wir nur daneben. Meine Schwiegermutter hat auch mal als Köchin gearbeitet. (…) Aber vor meiner Wismut-Zeit war nichts drin, da kam man nicht ran. #1:01:22#

INTERVIEWER

Wie war das bei Ihren Kindern? Waren die auch in so einem Wismut-Kindergarten, oder… #1:01:26#

Klaus Brodale

Nö, die waren im normalen städtischen, also da haben wir ja dann in Gera gelebt. Und da war ja diese Infrastruktur aufgebaut, da gab es nichts Spezielles, außer dem Gesundheitswesen und den Wismut-Handel. Fällt mir nichts anderes ein. Ne, gab es nicht. Alles andere war alle gleich. #1:01:45#

GRUPPE

Und noch eine Frage. Sie haben ja die Schachtambulatorien angesprochen. Gab es aber auch andere Vorsorgemaßnahmen, also zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen oder Routineuntersuchungen? #1:01:57#

Klaus Brodale

BRODALE: Die gab es. (…) In deren Genuss bin ich aber nie gekommen. Ich kann es nicht erklären warum. Weil einerseits wollten die mich dann von Untertage rausnehmen, aber es hat sich nie jemand gekümmert, was man vielleicht verändern könnte, dass ich länger da arbeiten kann oder nicht so schwer erkranke. Ich weiß nur aus meiner Brigade da waren welche, die sind dann ins Schlaflabor gefahren und nach der Schicht abgeholt worden früh zur nächsten Schicht hingebracht, die halt unter Schlafstörungen gelitten haben. Das hat ja dann auch wieder die Leistungsfähigkeit beeinflusst. Und (…) in den Genuss kam ich nicht. Auch in der Kur oder was. Da sind immer meistens die gleichen gefahren. (lacht) Ich weiß nicht, wie das funktioniert hat. (lacht) Da habe ich mich immer geärgert. Auch die Ferienplätze. Es gab ja ein eigenes Ferienwesen bei der Wismut mit eigenen Heimen, was ja auch ganz toll gewesen sein soll. Das sind aus meiner Brigade immer die gleichen gefahren. Wenn die Ferienplätze rauskamen, waren die schon immer gleich alle weg. Ich hab gesagt, das kann doch gar nicht sein, wieso sind die schon weg? Ja, die sind schon dort verteilt worden und da verteilt worden. Ich hab gesagt, ich wusste von nichts. Also ich hab dann meiner ganzen Wismut-Zugehörigkeit, war ich dadurch auch nicht einmal im Urlaub. Ich hab dann einmal über meine Frau, die hat bei der Elektronik gearbeitet, da haben wir mal einen Ferienplatz gekriegt. Und sonst waren wir zu Hause oder im Garten. (…) Es war nicht alles eitel Sonnenschein. Es gibt auch Sachen, wobei ich das nicht überbewertet habe. Man hat sich kurz geärgert, weil man ja immer an den Gerechtigkeitssinn geglaubt hat, (…) dass jeder mal in den Genuss kommen sollte. #1:03:50#

GRUPPE

Und wie viele Wochen Urlaub hatten Sie im Jahr? #1:03:51#

Klaus Brodale

Da bin ich jetzt überfragt, das kann ich nicht mehr sagen. #1:03:58#

GRUPPE

Also mehr als zwei Wochen, oder…? #1:04:00#

Klaus Brodale

Ja, das waren mehr als 2 Wochen. Aber wieviel, (…) 3 oder 4, das wäre jetzt wirklich geraten. #1:04:08#

GRUPPE

Okay. Also sind Sie nur einmal über die Wismut in den Urlaub gefahren? #1:04:14#

Klaus Brodale

Gar nicht. #1:04:14#

GRUPPE

Garnicht? #1:04:15#

Klaus Brodale

Nein, über meine Frau… #1:04:15#

GRUPPE

Achso. #1:04:16#

Klaus Brodale

Die hat über ihren Betrieb einen Fällenplatz gekriegt. #1:04:18#

GRUPPE

Und wissen Sie, wie das ablief? Also haben Sie… wissen Sie, wie das war, im Urlaub, von ihrer Frau aus? #1:04:28#

Klaus Brodale

Jetzt verstehe ich die Frage nicht ganz. #1:04:32#

GRUPPE

Ich glaube, ob sie Anträge ausfüllen mussten und… #1:044:35#

Klaus Brodale

Ja, man hat sich beworben. Also normalerweise war es so, es gab eine Liste, wo die ganzen Ferienplätze draufstanden, wo, von welcher Zeit bis zu welcher Zeit. Und da konnte man sich bewerben. (…) Außer bei mir. Aber die waren schon alle weg. (lacht) (…) Mit wie vielen Personen und von welchem Zeitraum. Und da hat man dann den entsprechenden Platz, wenn man Glück hatte, zugesprochen bekommen ,den sogenannten Urlaubscheck. Das war faktisch ein Papier, wo drauf stand, dass man dann und dann dort und dahin in den Urlaub fährt. Und das war auch für den Kosten wahnsinnig günstig. Überhaupt nicht vergleichbar, was man wieder für den Urlaub bezahlt. Und das war mit Vollverpflegung. Das einzige, was man glücklich bezahlt hat, waren die Getränke. Da war die Fahrt glücklich sogar noch mit dabei. Das war schon sehr komfortabel. #1:05:27#

GRUPPE

Wo sind Sie dahin gefahren? In welchen Ort? #1:05:31#

Klaus Brodale

Ja, bei der Wismut nirgendwo und mit meiner Frau, da waren wir glaube ich irgendwo bei Berlin. Strausberg, glaube ich, an irgend so einem See. Da hat der Betrieb halt ein Ferienheim gehabt. Oder ein Austausch mit anderen Betrieben, so hat er das dann immer gemacht. So wie ein Ringtausch. Dass man auch mal in den Genuss kommt, nicht nur in das eigene Heim oder die zwei, drei Heime, die so ein Betrieb hatte, zu fahren. (…) Und dann habe ich erst wieder... Ich habe dann aufgehört, weil Übertage wollte ich nicht arbeiten. Dann habe ich mich nach einem neuen Job umgesucht und habe dann im Stadtarchiv in Gera angefangen. Und bei der Stadtverwaltung in Gera gab es, ja glücklicher Weise, Urlaubsplätze. #1:06:16#

INTERVIEWER

Okay, da habe ich jetzt direkt Fragen zu. Wie kommt man von jemandem, der Untertage arbeitet, auf die Idee plötzlich Archivwesen zu betreiben? #1:06:27#

Klaus Brodale

(lacht) Die Frage ist mir schon sehr oft auch in meinen späteren Werdegang gestellt worden. Also ich hatte Abitur gemacht und hatte in Ronneburg in der Schule einen äußerst interessanten Geschichtslehrer. Der muss ich damals schon kurz vor der Rente gestanden haben (…) und ich war wahnsinnig interessiert an der regionalen Geschichte und der hat das wahrscheinlich auch gemerkt, dass ich dann mal ganz spezielle Fragen gestellt habe und hat sich dann auch die Zeit genommen, da haben wir manchmal noch eine halbe Stunde nach dem Unterricht da gesessen und er hat mir Tipps gegeben oder erzählt und der hat mir eigentlich so das Feuer geweckt, hat mir dann noch Literatur empfohlen. Ich hatte mir zum Schluss, als ich aus der Schule rauskam, sogar noch ein Buch geschenkt, habe ich heute noch da. Steht hoch im Kurs. Und das war immer so im Hinterkopf. Ich habe mich immer dann schon mit wahrerhand der Geschichte beschäftigt. Da war ich aber noch bei der Wismut. Stimmt, da haben wir noch was anderes gemacht. Wir haben ja nicht nur gesungen. Da gab dann in Gera am Stadtmuseum, einem Jugendclub, die sehr viel praktische Geschichtsarbeit, Archäologie betrieben haben. Da war ich mit meiner Frau dann ganz schnell da drin in dem Jugendclub, das hat uns interessiert. Vorträge, also durchaus das Wissen erweitert, mit einem ganz umfangreichen Zugang zu Beständen im Museum, also mehr als man jetzt in der Ausstellung sieht, sondern schon mal präsentiert und mit fremden Dozenten und Exkursionen und praktischen Ausgrabungen, teilweise auch tolle Sachen gefunden. Das hat uns fasziniert und da hat das alles nochmal so einen Schub gekriegt. Und als es dann kam, dass ich nicht mehr Untertage arbeiten sollte, da habe ich den Tipp gekriegt, in Gera gibt es doch ein Stadtarchiv und da arbeitet überhaupt niemand. Ich sage, was, da arbeitet niemand? Das gibt es doch gar nicht. Doch, bewerbte dich doch dort. Naja, da bin ich dann zur Stadtverwaltung gegangen und habe gesagt, ich muss mich beruflich verändern, ich habe gehört, hier gibt es ein Stadtarchiv und das ist überhaupt nicht besetzt. Naja, dann ging das los. Was sind Sie für ein Beruf? Das habe ich dann pausenlos beim Studium, jeder hat immer gefragt, was sind Sie für ein Beruf und wieso kommen Sie denn da? Das musste ich jedes Mal erklären. Naja, und da haben die dann gesagt, ja, ja, und dann müssen wir noch mal rückfahren, ja, aber sie sind ja gar nicht qualifiziert. Ich sage, ich möchte mich aber qualifizieren. Und ich fange ja auch nicht so an, wie sie das wollen. Ich fange nur an, wenn sie mir alle Wege öffnen, dass ich mich qualifizieren kann. Da klang das für jemand ganz anders. Und dann haben die dem zugestimmt. Da habe ich dann als Stadtkornist angefangen, habe parallel meinen Archivassistenten, das war ein Facharbeiterbrief gewesen, also eine Ausbildung gemacht und dazu parallel Archivwissenschaften studiert in Potsdam. Und habe dann sukzessiv alles abgeschlossen. Diesen Facharbeiter, den wollten die in Potsdam nachgeliefert haben, weil sonst hätten sie mich nicht zugelassen, weil ich total archivfremd war, (…) naja... #1:09:38#

INTERVIEWER

Also ist es quasi so gekommen, aus einerseits diesem persönlichen... #1:09:42#

Klaus Brodale

Richtig, das hat sich, ja... #1:09:43#

INTERVIEWER

...und dass es halt irgendwie im System der DDR vielleicht immanent auch ein bisschen war, dass, wenn man gesagt hat, ich möchte mich qualifizieren, das... #1:09:51#

Klaus Brodale

Ja, ja, aber halt über (…) zu berufsfremd, das haben viele dann trotzdem nicht kapiert. Die haben immer gedacht, der stirbt da drüber ab, das schafft er nie. (…) Und ich habe das auch mit der gleichen Leidenschaft gemacht wie in dem Bergbau und habe mein Studium geschafft. Ich habe mit Auszeichnung abgeschlossen, als Archivar. Da war ich stolz drauf. Das ist mir auch nicht einfach gefallen, ja. (…) Aber das war dieser Jugendklub, das stimmt. Das war auch noch in der, während der Wismut Zeit. #1:10:25#

INTERVIEWER

Was waren da für Jugendliche dabei, das… #1:10:30#

Klaus Brodale

(seufzt) Querbeet. Schüler vom Gymnasium, also damals EUS natürlich, (…) ich glaube bis zur zehnten Klasse. Wenn, dann waren es ganz wenige. Die waren eigentlich schon entweder Lehrlinge oder schon gerade ausgelernt, so in dem Bereich lag das. Und dann durch alle möglichen Berufsgruppen. Ich glaube so von der Wismut war ich der einzige, der da drin war. (…) Ja, war so. #1:11:04#

INTERVIEWER

Spannend, wie das ineinander eingreifen kann, dass solche Stücke sich dann so entwickeln. #1:11:13#

Klaus Brodale

(lacht) Ne, ich bin auch gespannt, was da bei dem Projekt rauskommt, weil jeder auch wieder seine individuelle Sicht hat und was ich für mich absolut akzeptabel finde, müssen andere nicht genauso sehen. (…) Das ist eine Frage der Toleranz, auf die ich schon immer viel Wert gelegt habe. Die ich aber auch oft vermisst habe. Bis heute. (…) #1:11:35#

INTERVIEWER

Wie ****sieht es bei euch auf dem Fragebogen aus? #1:11:39#

GRUPPE

Ich hätte keine Fragen mehr. #1:11:41#

GRUPPE

Ich habe aber noch den Zettel von den anderen Gruppen dabei. #1:11:44#

Klaus Brodale

Achso. #1:11:45#

GRUPPE

Wir ****haben natürlich noch andere Gruppen... #1:11:47#

Klaus Brodale

Nochmal so lange? #1:11:47#

GRUPPE

Nein, nein. #1:11:49#

Klaus Brodale

(lacht) #1:11:49#

GRUPPE …

die sich auch mit Wismut Themen beschäftigt haben. Eine beschäftigt sich mit der neuen Landschaft, also mit der Buga Ronneburg, haben Sie denn die Sanierung verfolgt? #1:12:00#

Klaus Brodale

Ja, verfolgt habe ich die schon, aber nicht so, dass ich dort tief in Details eingedrungen bin. (…) Wir kannten als Jugendliche das Areal, weil wir da oben gespielt haben, schon als Schulkinder. Faktisch auf der Heide bei dem Rittergut und da natürlich auch immer in allen abgesperrten Bereichen. Wir versuchten uns da durchzumogeln, weil uns das einfach interessiert hat und haben das ja auch nicht so eng gesehen. Aber sonst habe ich das verfolgt. Aber so wie es jeder andere auch verfolgt hat, die Veränderung, weil das war für mich ja schon beeindruckend. Ich kannte ja diesen Tagebau, der dort war, war dort unten 240 Meter. Und wenn man da hoch geguckt hat, das war schon beeindruckend. Und auf einmal war der weg und da war ein riesigen Berg drauf. (…) War faszinierend. Da war Untertage in diesem Tagebau-Anschlussgebiet, da habe ich ganz viel gearbeitet. Weil das war ein extremes Gebiet, weil da (...) Wetter, also Luft durch Risse aus dem Tagebau in die Strecken gezogen ist. Dort gab es viel Pyrite, was sich dann entzündet hat. Das Gebirge war durch das Sprengen im Tagebau schon alles instabil. Das war mal ein heißes Pflaster dort. Und das war auch heiß. Also, das mal rein und da lief schon das Wasser runter. Also, so heiß. (…) Überall ist geknoscht und hat immer mal geguckt und da ist man am liebsten immer mal gleich ausgerissen. Ja gut, abgeschweift. #1:13:30#

GRUPPE

Kein Problem. Hat das, die Sanierung, hat die Ihren eigenen Blick auf die ganze Wismut-Thematik beeinflusst? #1:13:38#

Klaus Brodale

Naja, was die Wismut mit der Landschaft angerichtet hat, das haben wir ja gekannt. Das haben wir auch nicht gut geheißen, weil das hat ja niemandem gefallen. (…) Deswegen singen wir auch in unserem Ronneburg-Lied schon damals, wie dreckig diese Stadt war. Da sind ja die Kipper und die ganzen Busse und alles da durchgefahren. Man kam dann eine halbe, dreiviertel Stunde nicht mehr über die Straße, weil dort Stoßstangen an Stoßstangen kamen, die da angehäult und alles hochgespritzt, weil es feucht war. Die Belastung der Umwelt durch das Uran, (…) da hatte ich später dann mit dem Michael Beleides mal mich sehr ausführlich unterhalten, als der an seiner Pechblende gearbeitet hatte, weil ich noch ein bisschen was erzählen konnte, aber... #1:14:32

INTERVIEWER

Haben Sie damals schon Kontakt so zu dieser Umweltbewegung? #1:14:36#

Klaus Brodale

Ich nicht. Der Michael war im Naturkundemuseum als Restaurator und dadurch hatten wir Kontakt, weil zwischen den Museen und dem Archiv war ein sehr enger Kontakt. (…) Und da hat er mich dann einfach mal gefragt, hat er gesagt, du warst doch bei der Wismut, hättest du mal ein bisschen Zeit für mich, dass wir uns nochmal unterhalten. #1:14:55#

GRUPPE

Eine Gruppe beschäftigt sich noch mit Strahlung. Waren Sie sich damals bewusst, dass Sie bei Strahlung ausgesetzt waren? #1:15:04#

Klaus Brodale

Ja, schon. (…) Weil das auch Bestandteil der Ausbildung gewesen ist, sodass ich da doch relativ gut informiert war. #1:15:16#

GRUPPE

Auch in dem Maße, dass Sie sagen, ich wusste über das komplette Ausmaß Bescheid? #1:15:23#

Klaus Brodale

Nein, also über das, Gott bewahre. Die Strahlung von den Einzelne, also zu meinen eigenen Schutz, dass ich aufpassen musste, radioaktive Stäube, die ich einatme, die verbleiben im Körper und machen dich von innen kaputt. Oder radioaktive Strahlung. Welche Strahlen, reichen wie weit? Wo nehme ich einen Schaden? Wenn ich dem permanent ganz nah ausgesetzt bin oder wenn ich einen Abstand habe. Oder wenn Radon verdünnt wird, ganz stark verdünnt wird, ist die Gefährdung wesentlich geringer, als wenn es irgendwo wenn es irgendwo angereichert ist. Da gab es mal so eine Untersuchung in den Häusern, die da gebaut wurden sind, die Neubauten, zum Beispiel, dass gerade in den Kellerbereichen sich da auch Radon ansammeln konnte und konzentrieren konnte. Das war dann vielleicht sogar noch gefährlicher wie Untertage, weil dort gab es überall Bewetterung. Also es gab eine ganze Reihe von Vorsorgemaßnahmen. Die Luft wurde regelmäßig geprüft und entnommen. Da gab es so eine Gummiblasen, die wurden dann aufgepumpt und da gab es extra ein Staublabor, haben wir gesagt, in der Brunnenstraße in Ronneburg. Da war ich auch in der Ausbildung mit drin. Da wurde ausgezählt, die Staubteilchen und wie hoch die Radonbelastung und da wurde schon ein Buch geführt. Und das habe ich dann auch in der praktischen Arbeit gemerkt. Also wenn dort irgendwo zum Beispiel eine zu hohe Radonbelastung war, wurde der Betriebspunkt sofort abgeschlagen und gesperrt durch die Kinder. Mussten Maßnahmen gemacht werden, also frische Luft zugeführt werden, Größenordnung, das war zwischen der Rohrleitung. Und wenn man dann davor stand, da wurde gut und hell weggefledert. Ne, einfach, dass da ein Luftaustausch stattfinden konnte, dann hat man das so weit verdünnt. Auch hier und heute gibt es überall Radon in der Luft. Aber in so geringen Konzentrationen, wenn das so wäre, müssten wir schon alle tot sein. #1:17:10#

GRUPPE

Okay (…) gut, ja, von meiner Seite aus geht es dann… #1:17:16#

INTERVIEWER

Ich würde mal kurz auf diesen, ich glaube gerade so zu diesen Erinnerungskultur ging, ja. Sind Sie selber auf der Neuen Landschaft dann nochmal gewesen? #1:17:27#

Klaus Brodale

Ja, ja, natürlich. #1:17:28#

INTERVIEWER

Oder im Museum und so weiter? #1:17:30#

Klaus Brodale

Ja, na klar. #1:17:30#

INTERVIEWER

Finden Sie das gelungen, was da an Erinnerungsarbeit, nennen wir das mal so. #1:17:35#

Klaus Brodale

Das Museum finde ich recht gut. Da ist mit viel Geld, aber auch was einigermaßen Ordentliches gemacht worden. Das ist nicht einfach. Das ist ja auch ein langer Zeitraum, der dort dargestellt wird, wo es ja auch rasante, gravierende Veränderungen gab. Ich kann nicht die Wismut in den 50er-Jahren vergleichen mit der Wismut in den 80er-Jahren. Da lagen Welten dazwischen. Und da erstmal in einer ganz anderen Dimension, unter ganz anderen Bedingungen wurde dort Erz gewonnen. In den ersten Jahren, da war das wahrscheinlich wahnsinnig gefährlich. Weil da war das so hoch konzentriert, Reicherz haben sie damals gesagt, das haben die mit Hacken rausgehackt, in Holzkisten gepackt und das war so stark angereichert und da haben die drauf gesessen (…) da hat auf solche Sachen natürlich niemand geachtet. (…) Aber ich wehre mich auch dagegen, wenn man das verallgemeinert und sagt, das war die ganze Zeit so, dass es schwarz sind, dann dürfte es mich auch nicht mehr geben. Mussten wir alle schon auf dem Friedhof liegen, die mal bei der Wismut gewesen sind. (…) Haben ja auch manche von Ronneburg gesagt. Man müsste mal über den Friedhof gehen und sehen, wie viele da in der Strahlung schon früher gestorben sind, also vor der Wismut (…) Unwissenschaftlich, (…) ja. #1:18:48#

INTERVIEWER

Wie finden Sie denn, könnte am besten an die Wismut generell erinnert werden, oder was ist Ihnen denn wichtig, was Personen über diesen Themenkomplex Wismut mitnehmen sollten? Wenn man das Personen erklärt, die vielleicht sind nur ein paar Sätzen, was ist die Wismut gewesen? #1:19:06#

Klaus Brodale

Ja, das hat viele Facetten. Den einen hatte ich ja angesprochen. Also das war für mich der allerwichtigste Punkt, Gleichgewicht in der Welt zu schaffen, das wäre ohne das Erz aus Thüringen und dem Erzgebirge nicht mehr möglich gewesen. (…) Das werden andere anders sehen, ja. Aber es ist so. Das ist ein Fakt. Es gab keinen Krieg in der Zeit in Europa. (…) Das kann niemand anders diskutieren. Das gab es nicht. Einfach, weil es ein Gleichgewicht gegeben hat, der Kräfte. (…) Das wäre für mich wichtig. Ja und ansonsten gerade so eine Ausstellung wie in Ronneburg auf der Heide, die finde ich schon gelungen. Also da kann man auch, ich habe die auch meinen Kindern und Enkelkindern gezeigt und konnte da ein bisschen was erklären, weil die haben ja sonst keine praktische Vorstellung. Wie soll man sich vorstellen, wie so ein (…) Bergwerk funktioniert hat Untertage. Eigentlich gar nicht, als Außenstehender. Ich habe ja auch keine richtig konkrete Vorstellung gehabt, als ich da angefangen habe. Das war für mich genauso überraschend. (…) Ja und dann, indem man halt Erinnerungen wachhält. Die Wismutkunst ist für mich auch ein ganz wichtiges Thema. #1:20:21#

INTERVIEWER

(…) *Würden *Sie sie gerne in Gera haben, die Sammlung? #1:20:27#

Klaus Brodale

Ja ****gut, soweit ich weiß, stehen die Bewerber nicht gerade Schlange, die sie unbedingt haben wollen. Bevor sie irgendwo vergammelt, wäre sie dann besser aufgehoben. Aber wenn jetzt das Erzgebirge sagen würde, du musst unbedingt zu uns, hätte ich auch kein Problem damit. (…) Weil die Wismut ist ja dort entstanden, nicht im Ronneburger Revier. #1:20:52#

INTERVIEWER

(…) Gerade vielleicht noch mal zur Kunst, weil Sie gerade dazu, hatten Sie also generell kann man ja vielleicht auch diese, ja, Singe-Gruppe, diesen Singe-Club auch ein bisschen so zu diesem Volkskunstschaffenden... #1:21:06#

Klaus Brodale

BRODALE: Ja, mit der Betonung Volk und nicht auf Kunst. Den Anspruch, den haben wir glaube ich haben wir auch selber damals nicht gehabt. Wir sind da relativ unbefangen rangegangen. Wir wollten was machen über das, was uns bewegt hat und das war schon ein bisschen hintersinnig, solche Sachen. (…) Da gab es auch Leute, die das gemerkt haben. So einfach haben sie uns das Programm nämlich gar nicht aufhören lassen. Da wurde man nämlich nach Chemnitz einbestellt und musste das dort vorführen. Und es gab nur Getuschel und Branen bestanden da auf der Bühne. Das hat die gar nicht interessiert. Das hat bestimmt eine halbe, dreiviertel Stunde gedauert, bis sie sich da irgendwie positioniert hatten und das ging so weit, das konnten wir überhaupt nicht machen. (…) Da ging es auch um den Arbeiter, der trinkt und seine Familie vernachlässigt. Das waren ja alles Themen, die wir miterlebt haben. (…) und deswegen (…) ist es mehr als (…) ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, (…) als Ausdruck unserer Erlebniswelt, die wir hatten. #1:22:16#

INTERVIEWER

(…) Ja, da kann ich vielleicht nochmal unsere sehr philosophische Abschlussfrage stellen. Vielleicht auch nochmal von einem zum anderen. Wenn Sie für sich so sagen könnten, was war denn immer Ihr Ziel im Leben? Oder was ist das, wo sie sich am meisten, wonach Sie sich am meisten gestrebt haben? Hat sich das vielleicht auch gewandelt über die Jahre? Auch wenn Sie sich vielleicht auf die Zeit der Wismut zurückschauen? #1:22:41#

Klaus Brodale

Nee. Also für mich war immer Gerechtigkeit einer der größten Beweggründe. In einer gerechten Gesellschaft leben, in einer gerechten Welt zu leben. Und selber auch gerecht zu sein. Das hat mich umgetrieben. Und wenn ich das wenigstens vor mich erreicht habe, von allen anderen bin ich so oft enttäuscht, dann gibt mir das ein kleines bisschen Befriedigung. #1:23:06#

INTERVIEWER

(…) Spannend. Gut, dann würde ich sagen, ich bedanke mich an dieser Stelle. Vielleicht, genau… Fotos haben wir auch gemacht. Wir könnten wahrscheinlich auch nochmal einen zweiten Termin nochmal mit zwei Stunden erfüllen. (lacht) #1:23:21#

Klaus Brodale

Ja, wir haben aber schon eine ganze Bandbreite besprochen, ja. #1:23:27#

INTERVIEWER

war jetzt auch so ein Post, das alle verstanden, glaube ich, die wir auch gequatscht haben. Ja, vielen, vielen Dank. #1:23:32#

Klaus Brodale

Ja. #1:23:32#

INTERVIEWER

Ich habe auch sehr, sehr viel abgefrühstückt aus diesem Katalog. #1:23:36#

GRUPPE

Ja. #1:23:36#

INTERVIEWER

Habt ihr sehr diszipliniert gemacht. (lacht) Schön, das freut mich. Okay, prima. Wir sammeln Material, sehr sehr viel. Es gibt alles mögliche von Leihgaben und Zeitzeugengesprächen, die natürlich jetzt irgendwie noch kommen und wir arbeiten dann so im Mai, Juni, Juli am Kuratieren, auch mit unterschiedlichen Personen, die damit involviert sind. (…) Genau, vielleicht auch dann nochmal fachliche Fragen aus der… #1:24:10#

Klaus Brodale

Kein Problem. #1:24:10#

INTERVIEWER

Genau, da melden wir uns bestimmt nochmal. Und wenn dann sozusagen die Module in der Ausstellung und auch im Zeitzeugenarchiv fertig sind, dann schicken wir auch nochmal so eine Art Absegung, dass ich dann auch nochmal sagen kann, ja, okay, das ist für mich in Ordnung, dass das genau so produziert wird. Genau, und ja, ansonsten, es gibt Möglichkeiten, dem Projekt zu folgen, und ich meine, ihr habt ja ja eh (lacht) #1:24:33#

GRUPPE

Eine der besten Verbindungen, ja #1:24:34#

INTERVIEWER

Genau, die besten Verbindungen und ja, wir melden uns dann, wenn wir Ergebnisse vorzuzeigen haben, und freuen uns natürlich auch, wenn sie dann im Dezember, wenn es ihnen möglich ist, auch gerne zur Eröffnung der Ausstellung vorbeizukommen, zum ersten Standort. Es wird, wie gesagt, eine Wanderausstellung und ich hoffe, der erste Standort wird vielleicht sogar das Stadtmuseum sein, vielleicht auch die Bibliothek, die Gerathek könnte dafür natürlich auch gut (…) ja, sich eignen. #1:25:03#

Klaus Brodale

Wenn ich es rechtzeitig weiß und es gesundheitlich entsprechend geht. #1:25:09#

INTERVIEWER

Genau. #1:25:10#

Klaus Brodale

Es ist immer schwierig, da Zusagen zu machen, weil es gibt oft schlechte Zeiten für mich. (…) Ne, würde mich schon interessieren, was da insgesamt rauskommt. #1:25:20#

INTERVIEWER

Ich bin auch… Also wir haben schon ganz unterschiedliche, wie gesagt… #1:25:24#

Klaus Brodale

Richtig. #1:25:24#

INTERVIEWER

Mirco Hofmann war mit dabei. Wir hatten letzte Woche Enrico Richter. #1:25:27#

Klaus Brodale

Ja gut, der hat ja wieder eine ganz andere Perspektive. #1:25:31#

INTERVIEWER

Genau. #1:25:31#

Klaus Brodale

Weil der war ja, wenn er Untertage war, der Pseudo-Bergmann. (lacht) #1:25:35#

INTERVIEWER

Er war, glaube ich, nie Untertage. #1:25:37#

Klaus Brodale

Na gut, ja Gott sei Dank. Aber zum Beispiel die Fußballer von Wismut Gera, die wurden ja als Untertagerarbeiter bezahlt. #1:25:44#

GRUPPE

Ach. #1:25:45#

Klaus Brodale

Ja, ja, und dann mussten die im Jahr so und so oft mussten die einfahren. Die haben die praktisch wie einen Bergwerksbesuch gemacht und damit konnte denen das als Untertage Tätigkeit geschrieben werden. (lacht) #1:25:55#

GRUPPE

Ist ja cool. (lacht) #1:25:56#

Klaus Brodale

Ein Wahnsinn. (lacht) (…) Das war natürlich unter allen Bergleuten herum. #1:26:01#

GRUPPE

Ja. #1:26:01#

Klaus Brodale

Da hat jeder drüber gelacht. (…) Am besten kannte es sich der Dieter aus. #1:26:08#

GRUPPE

Der Opa? #1:26:09#

Klaus Brodale

Ja, weil die immer nach Paitzsdorf sind. Die waren nicht über alle Schächte verteilt. Wenn, dann sind die ja als Fußballmannschaft alle eingefahren. Und da wusste er natürlich sofort Bescheid. Da hat er gesagt, die Fußballer waren wieder da. (lacht) Die Saisonarbeiter. (…) Ja, und die Bärbel steht man jetzt bei mir jetzt immernoch im Hinterkopf, wie hieß die jetzt (…) #1:26:29#

INTERVIEWER

Hoffmann, oder? #1:26:32#

Klaus Brodale

Hoffmann, ja, ja. (…) Hat sich bei mir so eingegraben. (…) Das würde mich mal interessieren, wie die die Singe-Club-Zeit reflektiert hat. #1:26:43#

INTERVIEWER

Die hat da gar nicht so viel, die hat viel mehr also über Chor und auch über, also dadurch, dass sie ja auch so ambitioniert auch war. #1:26:50#

Klaus Brodale

Ja, ja, ne, Chor, ja. #1:26:51#

INTERVIEWER

Im ****Single-Club hat sie relativ wenig erzählt, sie war dann eher so auf dem was auch diese, auch die professionellere Ebene davon… #1:27:02#

Klaus Brodale

Ja ja. #1:27:03#

INTERVIEWER

…und hat viel auf Gesangstechnik und viel auf, also da wurde auch viel reingesteckt, auch in eine musikalische Ausbildung. #1:27:10#

Klaus Brodale

Ja, natürlich. #1:27:11#

INTERVIEWER

Und ich glaub das war ihr besonders wichtig, dass… #1:27:13#

Klaus Brodale

Das war aber bei uns hier auch gewesen, (…) bis hin, dass wir klassische Musik, der Werber war das, der künstlerische Leiter, uns vorgespielt und dann diskutiert und erläutert und haben alle was mitgenommen (…) und dann gab es halt auch Instrumentalunterricht. Der hat sich da reingekniet, eine Mühe gemacht. Ja wir waren alle, jeder sollte, wenn es auch nur ein Rhythmusinstrument war, aber jeder musste irgendwas machen und die Wismut hat das ja alles bezahlt. Wir haben gesagt, wir brauchen auch eine eigene Gesangsanlage mit so und so viel Mikros und Ständer und Boxen und Verstärker und Bassbox und die Instrumente und jene. Und haben die alles beschafft. Die waren froh, dass sie was ausgeben konnten. Die hatten eine Fonds gehabt, also Geld, was für solche Zwecke ausgegeben werden musste. Und das hat meistens keiner abgefordert. (…) Und dann haben wir ja keine Skrupel. Dann haben wir gesagt, dann nehmen wir das, weil das niemand haben will. Wenn wir irgendwo zum Auftritt gefahren sind, wir brauchten einen großen Reisebus, weil wir Schlagzeug und war ja alles mit dabei. #1:28:19#

INTERVIEWER

Das muss man heute noch so machen. #1:28:22#

Klaus Brodale

Hm? #1:28:23#

INTERVIEWER

Das muss man heute noch so machen. #1:28:24#

Klaus Brodale

Naja. #1:28:25#

INTERVIEWER

Die Dinge, auf die man selber Lust hat, dass den Behörden, die das Geld verteilen, so auszulegen, dass es dann hinhaut. #1:28:32#

Klaus Brodale

Ja. Dann wird es ja heute traurig, wenn man liest, so und so viel Müll und wieder verfallen und nicht abgerufen. Diese Fördermittel-Politik mit den Töpfen, ich finde das unsäglich. #1:28:43#

INTERVIEWER

Das ist halt voraussetzungsvoll, leider. Und Leute, die tolle Ideen haben, haben nicht die Voraussetzung, sich durch den Dschungel durchzugreifen und die Mittel auch zu bekommen. #1:28:54#

Klaus Brodale

BRODALE: Wobei ich das auch verstehen kann, wenn die irgendwann dann sagen, da gebe ich auf, das mache ich nicht. (…) Aber das kann es ja nicht sein, das ist doch nicht zufriedenstellend. Das ist eigentlich ein Armutszeugnis für die Gesellschaft. #1:29:05#

INTERVIEWER

Würde ich zustimmen. Wenn es so viel Arbeit ist, dass es schon wieder sehr nah an Lohnarbeit dran ist, wenn man erst mal den Verwaltungsdschungel durchsteigen muss, dann hat man auch nicht mehr so viel Spaß am Ehrenamt, oder an… #1:29:20#

Klaus Brodale

BRODALE: Na ja, dann kommt ja auch noch mit dazu, politische Verbindungen spielen auch eine Rolle. #1:29:24#

INTERVIEWER

Ja ja. #1:29:24#

Klaus Brodale

Wenn ich nicht das richtige Parteibuch habe, habe ich es wesentlich schwerer. (…) #1:29:28#

INTERVIEWER

Das stimmt auch. (…) Gut. #1:29:34#

Klaus Brodale

Ja. #1:29:36

INTERVIEWER

Packen wir es. #1:29:36#

Klaus Brodale

Packen wir es zu. #1:29:37#