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Interview mit

arndtweinhold

Interviewer (Jonathan)

Wir sind heute hier zum Zeitzeugen-Interview im TMBZ in Gera. Zeitzeuge ist heute Arndt Weinhold und ansonsten ist anwesend Johannes Rackwitz, Willi Menzel, Jonathan Haenschke und Erik Hilbig. Heute ist der 12.01.2023. Das war der formelle Teil. Ich wollte mich noch mal entschuldigen für die Umstände, dass wir hier ein bisschen mit der Raumplanung durcheinandergekommen sind. Aber ich hoffe, Sie haben Verständnis, dass wir das auch bis jetzt zum ersten Mal machen. Wir sind noch nicht so eingespielt. Okay, dann würde ich Sie grundsätzlich bitten, dass Sie erst mal eine kurze Biografie von sich geben. Also letztendlich Ihre Geburt. Wie sind Sie aufgewachsen? Dann weiter im Arbeitsleben. letztendlich bis bis heute. Was haben Sie so gemacht?

Arndt Weinhold

Das ist eine ganz schöne Menge.

Interviewer (Jonathan)

Das ist eine ganze Menge.

Arndt Weinhold

Also ich bin am 14.09.1953 in Annaberg-Buchholz geboren. Das ist im Erzgebirge. Dort, wo sich auch die Wismut herumgetrieben hat. Dann sind wir 1959 umgezogen nach Gera, weil mein Vater bei der Wismut gearbeitet hat. Dann sind wir in Gera noch zweimal umgezogen. Ich bin 1960 in die Schule gekommen und habe die 10. Klasse bis 1970 gemacht. Die Grundschule, das war wieder in Gera, war das so, dass viele Leute hingezogen sind. Da war ich zuerst in der 7. Oberschule. Dann ist das wieder umgruppiert worden. In die 14. Oberschule gekommen, das war auf dem Rosenhügel in Bieblach. Dann die letzten zwei Jahre bin ich in die 16. Oberschule gegangen. Nach der Klasse, in der Zeit, als Ferien waren, sind meine Eltern, weil mein Vater stellvertretender Direktor in Königstein, also im JPK Königstein geworden ist, sind wir nach Königstein gezogen, auf den Sonnenstein. Sehr schöne Wohnung, Neubauwohnung. In der gleichen Zeit bin ich aber in die Lehre gegangen. Und zwar bin ich nach Schlema in die Leitakademie DSF gegangen und habe dort drei Jahre gelernt. Ich habe Lehre mit Abitur gemacht. Dort hat man eine schöne Zeit gehabt. Also die Unterbringung war einfach. Wir haben zu viert auf dem Zimmer gelegen, jeder einen Schrank, Doppelstockbetten. Der stärkste, der lag unten(schmunzelt). Dort ist es relativ einfach gegangen mit der Lehre. Wir haben ein sehr gutes Kollektiv dort gehabt, weil wir auf dem Zimmer alle zusammen lernen konnten, ging das ganz gut. In der Lehre habe ich auch viel Sport gemacht, bei der GST, das war die Gesellschaft für Sport und Technik. In der Lehre, ich habe Grubenelektriker gelernt, sind wir gleich vom ersten Tag eingefahren. Ein Schüler von uns, der ist nächsten Tag nicht wieder mit eingefahren(lächelt). Der hat Platzangst gehabt und dann waren wir ein Mann weniger. Das hat mir sehr gut gefallen unter Tage. Diese Gemeinschaft in der ganzen Klasse, oder in dem ganzen, wir hatten ein ganzes Haus, waren mehrere Schüler und Klassen da, in diesem Objekt. Wir haben uns immer gut unterstützt. Was kann man da noch sagen? Das war die erste Erfahrung mit, für mich, Untertage. Ich kannte das schon vom hören und sagen von meinem alten Herren, wie die Untertage angefangen haben. Die Lehre Untertage, die war gar nicht so schwierig oder so, dass man was mit dem Bergbau zu tun hatte. Wir haben dort unten auch wie alle Klassen einen Unterrichtsraum gehabt. Der war aufgeschossen, ausgebaut und da haben wir unter Tage die Grundlagen der Elektrik gelernt. Wir haben dann auch zum Teil in Brigaden mitgearbeitet, wo es dann schon mehr zum Bergbau ging. Was wollte ihr denn noch wissen?

Interviewer (Jonathan)

Sie haben gesagt, Sie haben dann zum Hauer umgelernt.

Arndt Weinhold

Das war später. Ich habe dann noch ein Jahr in Königstein im Schacht gearbeitet. Allerdings war das für mich nicht so prickelnd. Wenn der Vater im gleichen Betrieb arbeitet und in einer leitenden Position ist, ist das ganz schwierig. Da habe ich mir dann gesagt, ich habe dort für 580 Mark drei Schichten Untertage gearbeitet. Da habe ich gesagt, das ist zu wenig Geld. Sicherlich hat man ausgelernt, konnte man nicht so viel Geld verlangen, aber das war mir eigentlich zu wenig. In dem Betrieb war es gar nicht möglich, dass man irgendwo eine Umschulung machen konnte. Da habe ich mich dann umgeschaut und habe dann in Thüringen im Bergbaubetrieb Schmirchau angefragt und die haben mir dann ermöglicht, die Umschulung zu machen. Die Sache war auch noch die, ich habe da meine Frau schon gekannt. Wir waren noch nicht verheiratet, aber die Wohnungslage war so, dass wir eigentlich gar keine Chance hatten auf eine Wohnung. Meine Frau, die ist aus Johanngeorgenstadt, ist auch im Erzgebirge. Wir haben uns dann in Aue kennengelernt, bei der Lehre. Die Sache war, wir haben in Johanngeorgenstadt keine Wohnung gekriegt, in Aue keine Wohnung gekriegt, in Königstein keine Wohnung gekriegt und als ich mich dann entschieden habe nach Schmirchau zu gehen, also nach Thüringen, haben die dort, das war, der Betriebsdirektor und die Kaderabteilung. Die Kaderabteilung, die haben dann gesagt, wenn ich dort anfange, hätte ich eine Möglichkeit, eine Wohnung zu kriegen. Die ist noch im Bau. Also diese Blocks, die haben die erst gebaut und da haben wir gesagt, in der Zeit, wo ich dann, ich habe 1973 die Lehre beendet, habe ein Jahr in Königstein gearbeitet bis1974, und habe dann Meine Frau, die Martina 1975, im Februar geheiratet. Dadurch, dass wir Wintersportler sind, haben wir gesagt, das machen wir im Februar, wenn Schnee liegt. Dann habe ich ein Jahr in Ronneburg im ?Wildau? gewohnt, im Heidelbergweg, das war eine nicht so schöne Zeit, weil ich die ganze Woche hier war. Dann bin ich immer heimgefahren. In der Lehre bin ich nicht jedes Wochenende heimgefahren. Das war zu umständlich von Schlema über Zwickau, Dresden nach Pirna zu fahren mit dem Zug. Das war katastrophal. Und da hatten wir in der Lehre eine schöne, die haben eine gute Sache gemacht, die haben die Essenmarken, die wir gekriegt haben, die konnten wir in Aue oder im Schlema auf dem Bahnhof eintauschen. Also haben wir dort das Essen gekriegt am Wochenende. Das war eine tolle Sache. Die Hauer haben natürlich für die Wismutmarken Schnaps gekriegt und wir haben Schokolade gekriegt. Dann war das so gewesen, dass ich in Schmirchau angefangen habe. Dort haben wir dann die Umschulung gemacht, die ging ein Dreivierteljahr. Nach der Zeit haben wir dann auch in Gera eine Wohnung gekriegt, Pskower Straße. Neubauwohnung. Erstbezug. Super. Dann habe ich den Hauer gemacht in Schmirchau nach der Umschulung von 1975 bis 1976 und da kam natürlich noch die Armeezeit dazu. Also ging es anderthalb Jahre zur Armee. Da war ich glücklicherweise auf dem Hain (Kaserne in Gera Aga). Also ich konnte, wenn ich trainiert habe, eine Dreiviertelstunde heimlaufen. Nach der Armeezeit von 1977 bis 1982 war ich dann noch im Bereich 2 im Revier 5 als Hauer tätig, hatte aber da zwischendrin einen Arbeitsunfall. Das war wieder nicht so prickelnd gewesen, weil ich dann einen Wirbelsäulenschaden hatte. Also die Halswirbelsäule hat es tüchtig erwischt, und habe dann noch versucht, zwei Jahre, ob es geht, mit “Hauern” oder nicht. Da habe ich dann eine Rente bekommen und habe dann über Tage gearbeitet. Über Tage habe ich dann so eine Bearbeitungsstelle gekriegt für Gesundheits- und Arbeitsschutz. Sehr wichtig, denn dieser Gesundheits- und Arbeitsschutz, der wurde in der Zeit, wo ich angefangen habe unter Tage, bis zu der Zeit stetig verbessert. Also da wurden wirklich richtig Sachen eingeführt und verwirklicht, die es den Werktätigen, also den Hauern oder auch den Untertagearbeitern sehr viel leichter gemacht haben. Habt ihr noch Fragen? (lächelt)

Interviewer (Jonathan)

Dann haben Sie ja über Tage gearbeitet und mich würde jetzt noch interessieren, dieser Umschwung, dann als die Wende kam. Waren Sie dann schon völligständig in Rente? Dann hätte mich interessiert, falls nicht, ob Sie dann einen neuen Job gefunden haben, weil ziemlich schwierig war mit der Massenentlassung.

Arndt Weinhold

Genau, ich habe dann über Tage gearbeitet, da war ich dann beim Gesundheits- und Arbeitsschutz und habe dann auch mal Vorsitzender der GST gemacht im Betrieb. Also die Gesellschaft für Sport und Technik, die war ja so angesehen oder wie auch die Feuerwehr, die Grubenwehr. Also die Arbeiter, die bei uns auf dem Schacht oder überhaupt bei der Wismut gearbeitet haben, die waren in irgendeiner Organisation tätig. Das war so geregelt, damit die Absicherung für Unfälle, für Schutzmaßnahmen, geregelt waren. Die Gesellschaft für Sport und Technik, die war dafür da, dass die jungen Leute auch sportlich was gemacht haben. Sicherlich war da Politikum auch dabei, die Partei und Betriebsführung, die wollte auch, dass man für den Staat ist und dass man sich da mit dafür einsetzt. Das war eine für alle, oder es war nicht für alle so recht, dass es eben die Staatsführung so gab, aber im Großen und Ganzen waren sie schon alle dafür. Die Wende kam dann gleich. 1990 war so eine Zeit, da war vorher schon die Betriebszusammenlegung, da wurde Reuß und Schmirchau zusammengelegt. Also da war schon die Entwicklung, nicht die politische Entwicklung, sondern die Entwicklung des Bergbaus selbst in Thüringen ein bisschen angekratzt, sodass man gesagt hat, man muss das ein bisschen koordinieren weiter. Da waren dann die beiden Betriebe schon zusammengelegt und da haben wir dann schon gemerkt, dass auch in der Tätigkeit der Wismut schon ein bisschen organisatorisch anders lief. 1990 war das ganz abrupt in dieser ganzen Angelegenheit. Wir, also meine Frau und ich, wir waren im Januar 1989, ob das nun dazugehört oder nicht, da waren wir in Leningrad im Urlaub. Das war eine Reise. Da haben wir dort gemerkt, dass das ganz und gar schief lief. In der Sowjetunion, in den großen Hotels gab es fast nichts zu essen. Also die Hotels waren kaum geheizt. Wir sind dort hingekommen. Wir waren Jahre vorher schon dort, ich war in Sotchi, das war für die Urlaube richtig gut mit Essen und allem. Und dort haben wir richtig gemerkt, dass das richtig schief lief. Da haben wir gesagt, von dort aus schon, so kann das nicht weitergehen. Als wir wieder kamen, waren unsere Freunde schon abgehauen. Die haben das Haus stehen lassen und sind, ich glaube über Ungarn, fort. Da war das wirklich so gewesen, dass man sagt, so kann es nicht weitergehen. Die ganze Gesellschaft hätte mehr für die Bevölkerung tun müssen. Das ist heute genau wieder so. Diese Zusammenhänge sind da bestimmt das Gleiche, obwohl es eine ganz andere Gesellschaftsordnung ist. Dann war es arbeitsmäßig so, dass sofort alles heruntergefahren wurde. Es wurde die Untertagetätigkeit 1990/1991 eingestellt. Das, was vorbereitet war an bergmännischen Arbeiten, das musste hier abgeschlossen werden. Man konnte nicht einfach die Grube oder die Grubenbaue stehen lassen. Irgendwann hätte es dann über Ronneburg oder so eine Katastrophe gegeben, das wäre dann zusammengebrochen. Da haben sie dann gesagt, wir sanieren das Ganze und haben sofort alle übrigen Arbeitskräfte einfach entlassen. Von dem Bergbaubetrieb, wir waren glaube ich zum Schluss noch 6000 Bergleute, Ich glaube, da sind 1200 übrig geblieben, die das Ganze saniert haben. Alle anderen sind dann entlassen worden. Es gab sicherlich eine Auffanggesellschaft für die Leute, die sich selbst so nicht helfen konnten, die wurden in eine Auffanggesellschaft gegeben und haben dann Unterstützung gekriegt, um sich irgendwo Arbeit zu suchen. Ich war dann ab 1990 wieder als Elektriker tätig, aber über Tage in der Turbostation. Die Turbostation, die haben unsere ganze Pressluft Untertage gemacht. Die großen Werkzeuge wurden alle mit Pressluft betrieben. Da hatten wir über Tage, gerade in Schmirchau und in anderen Schächten auch, riesige Turbostationen stehen. Die haben die Pressluft gebracht. Unter Tage hatten wir immer acht Atü und die waren überall. Es gab auch immer Leckstellen, die musste dann immer jemand schließen. Mit dieser Pressluft wurden unter Tage die Werkzeuge betrieben. Bohrhammer, Pickhammer. Und 1990 kam ich dann in die Turbostation, war dann wieder Elektriker und da haben wir auch die Hauptgrubenlüfter betreut. Also wir haben die Turbostation, die großen Turbinen betreut und die Hauptgrubenlüfter. Das ist eigentlich das Wichtigste vom ganzen Bergbau. Wenn viele oder etliche hundert Meter unter Tage gearbeitet wird, braucht man Frischluft. Diese Hauptgrubenlüfter wurden täglich kontrolliert, in jeder Schicht. Wenn so ein Hauptgrubenlüfter ausgefallen ist, entweder wir hatten einen zweiten daneben stehen, den wir anfahren konnten, oder wir hatten zwei Stunden Zeit, den wieder in Gang zu bringen. Ansonsten wurde dann die Gruppe geräumt oder das Grubenfeld, wo der Grubenlüfter gerade war. Das gab es eigentlich selten, aber oder man hat dann die Wetter umgeleitet. Aber das wäre dann so geworden. Dann war ich bei den Elektrikern dort über Tage und da wurde auch ständig abgebaut. Die Grubenfelder wurden zurückgebaut und geschlossen. Die Schächte wurden geschlossen und da hatte ich dann eine Zeit. Da haben die zu mir gesagt. Du hast jetzt einen Monat Zeit, kannst du Arbeit suchen. Hab ich mehr Geld gekriegt. Und in der Zeit sind aber zwei Arbeitskollegen von uns ausgefallen. Also der eine, der war krank geworden und der andere, der hat sich zum Fenster rausgestürzt. Also da hat das Selbstmord begangen und dadurch hatten sie wieder wenige Arbeitskräfte. Und deswegen bin ich noch bei der Wismut geblieben bis zum Schluss. Also das war einer, der die Wände nicht verkraftet hat. Und dann waren die Gruppenbäume zum größten Teil verfüllt. Da wurden wir als Elektriker in diesen Turbostationen oder in diesen Hauptgruppen für die Hauptgruppenlüfter ja nicht mehr gebraucht. Da wurden dann, wenn noch was gebraucht worden ist, stationäre Turbos hingestellt. Die sind so groß wie ein Container. Wurde ja nicht mehr so viel gebraucht. Da war wieder die Entscheidung für mich. oder die wurde an mich herangetragen, entweder aufhören oder eine andere Arbeit machen. Also habe ich gesagt, gut, mache ich eine andere Arbeit. Dann stand nur zur Debatte, entweder über Tage Kippe oder Raube fahren im Tagebau. oder dann zur Bohrung zu gehen. Da habe ich gesagt, gut, dann gehe ich zur Bohrung. Wir hatten die Bohrung über Tage, die wurde noch beibehalten, weil die Sanierung ja jede Menge Informationen brauchte, um die Grubenwässer, die ja dann wieder aufgetreten sind, zu messen. Also wurden neue Löcher gebohrt, also Bohrlöcher gebohrt mit den fahrbaren Bohrmaschinen. Da gibt es etliche große. Wir haben bis zu 500 Meter tief gebohrt mit den großen Bohrmaschinen. Die anderen haben so die 200 oder 300 Meter gebohrt. Da wurden dann Pegel gebohrt. um die Grubenwässer zu messen und ob und wo die Uran Konzentration oder ob es überhaupt welche gegeben hatte, dann wie weit die in den Umfeld rauskamen. Und da habe ich dann bis bis ich dann in Rente gegangen bin, gearbeitet. bin ich noch Bohrzeugführer geworden. Also da hatte ich dann die Mann, die wieder zu so einem Bohrtrupp gehörten, die haben dann auf mich gehört, oder auch nicht. Und dann dadurch, dass ich ja einen Arbeitsunfall hatte, konnte ich also 2009 mit in einem halben Jahr. Eigentlich hätte ich mit in die Knappschaftsausgleichsleistung gehen können, aber das habe ich zu spät erfahren und da musste ich noch ein halbes Jahr diese Zeit, die die brauchten, um das abzuwickeln, machen. Die Kündigungsfrist war das, jawohl. Und dann war ich zehn Jahre in der Knappschaftsausleistung. Das war sozusagen die Rente, die nicht so viel gebracht hat wie die Altersrente. Und jetzt bin ich Rentner.

Interviewer (Jonathan)

Alles klar. Okay, da würde ich nochmal mit Ihnen zurückgehen in die Zeit, als Sie zur Wissenschaft Und zwar würde ich da gerne nach der Motivation fragen. Also Sie haben ja schon gesagt, dass Ihr Vater da war. Hat Sie das vielleicht so geprägt oder irgendwie die Vorteile, die man hatte, vielleicht schnellere Wohnungen, schnell eine Wohnung zu bekommen oder die bessere Bezahlung im Verhältnis zu anderen Jobs?

Arndt Weinhold

Nee, das war nicht so. Und zwar war ja, in Gera war ja die Industrie sehr hochentwickelt und da hatte ich mehrere Möglichkeiten gehabt, Zum Beispiel zur Zeiste gehen, in die Feinmechanik, da hatte ich mich auch umgeguckt, das war eine sehr schöne Arbeit, aber im Endeffekt ist das darauf hinausgelaufen, dass man am Band steht. Und das wollte ich nicht. Dann war noch der Maschinenbau, das war das Gleiche, da hat man einfach an der Maschine gestanden und das hat mir so nicht zugetragen. Ich habe ständig Sport getrieben und dann musste ich mich irgendwo auf eine Stelle hinstellen und das wollte ich nicht. Und dadurch, dass ich aber das Abitur machen wollte, das hätte ich bei Zeiss auch machen können mit Berufsausbildung. Und da kam die Wismut, die hat ja da auch Leute gesucht. Und da konnte man sich wieder aussuchen. Wollte man Schlosser, Rohrleitungsbauer oder Elektriker werden? Und da habe ich gesagt, mache ich Elektriker. Das ist von der Ausbildung und von dem, was man im Leben braucht, eine gute Entscheidung. Und dann bin ich bis zur Wismut gegangen. Da hat sich mein alter Herr gefreut, dass ich hingegangen bin. Er hat sich dann aber nicht so sehr gefreut, dass ich nicht studieren gegangen bin. Und zwar bin ich nicht deswegen nicht studieren gegangen. Ich wollte, ich hatte mich schon angemeldet in Karl-Marx-Stadt, also das ist jetzt Chemnitz, an der Hochschule. Und dann war ich in Sigmar, was ja die Zentrale von der Wissenschaft war, und habe mich da erkundigt, welche Möglichkeiten es für mich gibt, wenn ich dann die Studie beendet habe. Und da haben die gesagt, wenn sie die beendet haben, da sind die Planstellen nicht frei. Und ich sage, na wann denn? Und da haben die gesagt, da gibt es keine Planstellen, da arbeitest du dann genauso als Elektriker wie vorher. Da habe ich gesagt, da studiere ich nicht. Warum? Das wären ja dann wieder fünf Jahre oder sechs Jahre gewesen, die man studiert hat und kein Geld verdient hat. Da habe ich gesagt, das mache ich nicht. Und dann habe ich natürlich als Elektriker gearbeitet und wieder kein Geld verdient. Und dann habe ich gesagt, jetzt wird der Hauer gemacht. Gut, man hat immer die Möglichkeit gesehen, mir ist es ja so gegangen, dass man dann doch einen Unfall hat, aber

Interviewer (Jonathan)

Sie haben ja gerade schon gesagt, dass Ihr Vater sehr erfreut war, dass Sie zur Wismut gegangen sind. Was hat denn Ihr restliches Umfeld so dazu gesagt oder gedacht?

Arndt Weinhold

Von uns sind eigentlich etliche zur Wismut gegangen, eben um Geld zu verdienen. Das hat aber nichts mit dem zu tun, oder die meisten wussten ja gar nicht, dass man ja auch etliche Vorteile hat. Das hat sich ja dann im Nachhinein auch erst ergeben. Was gibt es noch?

Interviewer (Jonathan)

Dann könnten Sie für mich mal beschreiben, wie so ein typischer Arbeitsalltag ablief als Hauer

Arndt Weinhold

Ich möchte ihr nicht wissen.

Interviewer (Jonathan)

Ich weiß auf jeden Fall, dass sie sehr früh aufstehen muss.

Arndt Weinhold

Ja, zur Frühschicht, ja. 4:15 Uhr fuhr die Straßenbahn oder der Bus auf dem Bahnhof. Ich muss das so anfangen. Es ging den ganzen Tag im Laufschritt. Also früh aufstehen, da wurde kein Frühstück gemacht, anziehen, Straßenbahn oder Bus fuhr dort auch. Und dann wurde auf den Bahnhof gegangen, dort hatten wir die halbe Stunde Zeit, sich auszuruhen nochmal. Und dann ging es vom Bahnsteig aus im Laufschritt bis Untertage und dann ging es so weiter. Also wir hatten vom Aussteigen vom Zug bis unter Tage ging es nur straff. Dann hatten wir unter Tage die 5 oder 10 Minuten Zeit in der Steigerbude. Also Steigerstube, das war so ein Raum, der neben der Strecke aufgefahren war, wo der Steiger seine ganzen Pläne und seine Arbeitsvorbereitung machen konnte. Und dort haben wir uns getroffen und dann wurde gesagt, der Arbeitsauftrag gegeben und dann wurde vor Ort gegangen. Oder man hatte von der anderen Schicht schon den Arbeitsauftrag gehabt und konnte gleich vor Ort gehen. Und dann wurde ja auf Leistung gearbeitet. Das war wirklich richtig stressig. Da ging es nicht hinlaufen. Da wurde alles gerannt. Nur um richtig Geld zu verdienen. Und um auch einen Plan zu schaffen. Wir hatten ja auch Vorgaben gehabt, die waren schon an der Grenze.

Interviewer (Jonathan)

Was wären die Konsequenzen gewesen, wenn Sie den Plan nicht geschafft hätten?

Arndt Weinhold

Es wäre weniger Geld gegeben. Sicherlich hat man dann auch welche dabei gehabt, solche Arbeitskollegen, die dann so nicht mitgezogen haben. Da haben die Kollegen schon drauf geguckt, dass derjenige auch mitarbeitet. Die ganzen Arbeiten, Untertage, waren ja auch schwer. Ich bin ja auch nicht groß. Aber von mir hat man das auch verlangt, dass ich einen Meter Stempel Länge, sollte ich einen Durchmesser alleine die Strecke lang schaffen oder auf den Abbau. Das war so. Da konnte man nicht einen zweiten Mann holen.

Interviewer (Jonathan)

Wie lang haben sie dann gearbeitet? Also wann war Schichtende?

Arndt Weinhold

Also wir sind, wir haben acht Stunden gearbeitet. Aber da ging halt das Einfahren und das Ausfahren war da mit drin. Also die ganze Zeit haben wir acht Stunden gearbeitet. Das war geschuldet drei Schichten, drei mal Wir sind ausgefahren. Der Schacht hat ja die Werktätigen raus und rein gefahren. Und wenn die Seilfahrt zu Ende war, also wenn jemand zu spät kam, da war es vorbei, der durfte einsteigen. Und dann gab es auch weniger Geld. Das haben sie sich nicht lange angeguckt. Also 180 Meter einsteigen, war schon eine Herausforderung. Aber deswegen kam da keiner zu spät. Deswegen sind die alle zur Seilfahrt auch zur Zeit da gewesen. Und es hat sich auch jeder dran gehalten. Zur Seilfahrt war das so gewesen, man ist ja aus dem Zug ausgestiegen oder aus den Bussen. Es sind ja viele auch aus dem Erzgebirge oder so mit den Bussen gekommen. Da sind jeden Tag über 100 Busse gefahren, zu jeder Schicht. Und die zwei Züge hier extra noch. Und die Arbeiter haben sich umgezogen. Die sind erst in die Weißkaue. Also da hat man die guten Sachen ausgezogen. Dann ist man in die andere Kaue. Also das ist ein ganzer Komplex gewesen, wo die einzelnen Schränke, bei uns im Schacht waren Schränke, in anderen Schächten waren es Seilzüge. Da hatten wir das Schloss aufgemacht, den Seilzug runtergelassen, die Sachen hingehängt, wieder hochgegangen. Das war der Vorteil, da waren die Sachen eher trocken. Bei uns in den Schränken, da liefen unten warme Luft durch, dass die Sachen wieder trocken wurden. Da hat man sich dann in der Schwarzkaue ausgezogen, also in der Weißkaue ausgezogen, in der Schwarzkaue, die Arbeitssachen angezogen, Gummistiefel, Helm, Gürtel und ist dann in die Lampenstube gegangen. Dort hatten wir die Kopflampe, die war im Gürtel festgemacht, die Seilfahrtsmarke, den Selbstretter und dann hat man sich angestellt und dann ging es dann in die Schale, da hatten wir drei Etagen, da gingen jeweils elf Mann rein, Gatter zu, ab. Und unten stand der Zug bereit, der hat ihn dann in den Grubenbau gebracht und dort haben sich dann die Leute verteilt in die eigenen Orte. Da haben wir ja Brigaden gehabt, die Strecken gefahren haben, also diese Vorrichtungen, damit man überhaupt in den Abbau konnte. Und dann hatten wir Überhauendbrigaden gehabt, die die Schächte von den Strecken nach über da gebracht haben, also nach oben. Und von dort aus wurde dann der Abbau getrieben. Ich war immer in Abbaubrigaden. Habt ihr noch Fragen?

Interviewer (Jonathan)

Ja, noch einige. Die Wismut hat ja Uran gefördert für die Sowjetunion. Es ist ja wenig hier geblieben, das meiste ging ja in die Sowjetunion. War Ihnen denn bewusst, dass Sie letztendlich das Uran fördern, auch nicht nur mit der Absicht daraus Energie zu gewinnen, sondern auch um im kalten krieg genügend atomare Sprengköpfe zu haben? Also war das Konsens oder war das eher so unwichtig für Sie,

Arndt Weinhold

Wir haben gearbeitet für Frieden. Das war wirklich so, dass man gesagt hat, wir produzieren Erz für Frieden. Das ist einmal die Propaganda und einmal hat man das ja selber gewusst. Aber wir haben ja auch gewusst, dass da die Atomkraftwerke davon betrieben werden. Atomeisbrecher hätte viel mehr Forschung betrieben werden müssen, um die Atomenergie besser, sauberer zu machen und auch sicherer. Das gab es sicherlich, dass die Atomenergie, wo das in den Anfangsjahren war, wo die ganzen Länder gearbeitet haben und geforscht haben mit der Atomenergie, dass sie gesagt haben, alle Länder haben gesagt, wir brauchen spaltbares Material, um die Bomben herzustellen. Es hätte nicht sein müssen, denn die Anlagen gehen auch so zu betreiben, dass man kein spaltbares Material dafür hat, sondern eine sichere Arbeitsweise der Atomkraftwerke. In Norwegen hatten sie sowas gemacht, da wurden Salzkraftwerke entwickelt, wenn eine Störung auftritt, also die wurden direkt in den Salzstock oder in den Behälter, also im kleinen, kann man sich das vorstellen, im kleinen Salzwasser, stark mit Salz haltig, und wenn eine Störung auftritt, geht das Wasser weg, Und da steht der Salzstock da und es kommt gar nicht zur Strahlung. Und so gibt es mehrere Entwicklungen noch mit dieser Atomenergie, die nicht verfolgt wurde. Deswegen war ich eigentlich der Meinung, man hätte das müssen weiter betreiben, weil das ja die sauberste Energie ist, meiner Meinung nach. Und die billigste. Also nach der Anschaffung von den Kraftwerken hat man unendliche Möglichkeiten, Energie zu produzieren.

Interviewer (Jonathan)

Also Sie sagen, die Aufrüstung oder diese militärische Nutzung der Wismut, die war zwar allen bekannt, aber zwar jetzt nicht so störend für Sie. Ne. Okay.

Arndt Weinhold

Zumal das ja wirklich war so, diese zwei Mächte, die ja eigentlich den Krieg alle zusammen gewonnen haben, haben sich auf einmal so gegeneinander gestellt. Musste ja auch nicht sein.

Interviewer (Jonathan)

Und dann würde ich gerne noch wissen, Sie sind ja in der DDR aufgewachsen, ist ja eine Diktatur gewesen, und da würde ich gerne wissen, wie Sie darüber gedacht haben. Sie haben ja schon gesagt, dass dieser Urlaub in Leningrad es für Sie ein bisschen verändert hat. Ihre Meinung darüber, wie haben Sie denn gedacht, als Sie bei der Wismut angefangen haben?

Arndt Weinhold

(…) Schwierig. Also, diese politische (...) Sagen Sie mal bitte nochmal den ersten Teil der Frage.

Interviewer (Jonathan)

Also waren Sie sehr begeistert von dem System des Staates oder haben Sie gesagt, okay, es gibt Vorteile und es gibt Nachteile? Also waren Sie wirklich so einer, der hart mit dabei war und immer die rote Fahne aus dem Fenster gehängt hat und sich gefreut hat, vielleicht auch in der Partei aktiv war? Oder waren Sie eher ein Gegner?

Arndt Weinhold

Nee, ich war schon dafür. Erstens, hat sich das ja geprägt, weil ja die Eltern oder der Vater sowieso in der Partei war und zu der Zeit, wo ich aufgewachsen bin und wo ich dann in die Lehre gegangen bin, da hat man ja gesehen, dass es in der DDR aufwärts ging. Hat man ja wirklich gespürt. Und dann in den (...) 80er Jahren, wo sie dann noch die kleinen Betriebe enteignet haben, dort haben sie wirklich den Fehler gemacht, dass sie der Bevölkerung das genommen haben, dass sie sich selbst Waren des täglichen Bedarfs kaufen konnten. Das wurde ja dann alles auch weniger. Da hat man dann schon gemerkt, dass das nicht so richtig lief. Aber deswegen musste man noch nicht gegen Staat sein.

Interviewer (Jonathan)

Also quasi an sich die Struktur des Staates, damit waren sie okay, aber die wirtschaftliche Entwicklung, die hat sie jetzt primär gestört.

Arndt Weinhold

Wir haben das ja auch nicht so gesehen als Diktatur. Sicherlich gab es nur eine Partei und sicherlich gab es nur jemanden, der das gesagt hat. Aber es war ja immerhin noch für den Frieden. Wir wollten ja eigentlich, und das hat mein alter Herr sowieso gesagt, er hat gesagt, er war an der Ostfront, hat gesagt, nie wieder Krieg. Und deswegen haben wir gesagt, wir wollen nie wieder Krieg. Jetzt haben wir ihn. (…) Und er hatte, mein alter Herr, hat auch noch gesagt, das war ein ganz schlauer, der war wirklich sehr schlau und da hat er sich auch mit den ganzen politischen Sachen sehr auseinandergesetzt. Der hat gesagt, wenn ein Staat so arm ist oder so arm wird, dass er sich nichts mehr kaufen kann, dann öffnet er wieder die ganzen Bergwerke, die er irgendwann mal geschlossen hat. Er wird jede Ressource wieder nutzen, die er in seinem Land hat. Da sind wir dort. Mein alter Herr ist 2014 gestorben. Er war 87 Jahre alt, obwohl er im Bergbau gearbeitet hat. Das muss man mit zusagen, denn sie sind ja nicht alle an der Lungenkrankheit gestorben, weil sie im Bergbau gearbeitet haben. Das habe ich vorhin gesagt. Es wurde ja alles mit der Arbeitssicherheit auch besser gemacht. Wenn sich die Bergleute da dran auch gehalten haben, dann ist es auch so geworden. Denn viele haben es ja auch dann nicht so umgesetzt, wie es gemacht werden sollte.

Interviewer (Jonathan)

Weil sie schon gerade dabei sind. Was war denn so das Wissen über Gefahren? Also wurde vor, bevor es das erste Mal in den Schacht ging, wurde dann gesagt das und das ist zu beachten und vielleicht auch in Bezug auf den Druck, der geherrscht hat, dass man die Leistung erbringen muss, wurden vielleicht deswegen auch Vorschriften missachtet?

Arndt Weinhold

Ne, das waren wieder die eigenen. Also jeder war ja für sich und für andere verantwortlich. Also (…) die Arbeiter, die haben ja nicht gegen die Regeln in dem Sinne verstoßen, damit sie jemandem anders schaden können, sondern sie haben sich ja selbst geschädigt, indem sie keinen Gehörschutz reingemacht haben oder das Haufwerk nach dem Sprengen nicht abgespritzt haben. Also so, dass sie die Stäube bekämpft haben, das haben sie ja selber gemacht. Aber am Ausbau oder an der Sicherheit selbst, haben sie alle gearbeitet, dass es wirklich sicher ist. Denn jeder, der einen Ausbau verkehrt gebaut hat, wusste, dass er dann selbst drunter liegen kann. Oder wenn irgendwas nicht ordentlich gebaut wurde, gerade der Ausbau oder diese Sachen, wenn man vor Ort gegangen ist und noch nicht ausgebaut war, wurde dann eben die ganze der Grubenbau abgerissen mit langen Stangen, damit ja nichts lose hing, was einem da auf den Kopf fallen könnte. Also das haben sie schon gemacht, aber eben gerade mit Belüftung, Entlüftung dort, wo sie waren, das haben sie eben wenig gemacht. Und dann, wenn, dann gab es eben auch Geldabzüge und dann haben sie das auch gemacht. Also das wurde dann schon immer besser und die Leute haben sich auch dran gehalten.

Interviewer (Jonathan)

Also das Wissen war auf jeden Fall da?

Arndt Weinhold

Das Wissen war auch da von der Strahlung. Die Strahlung selbst, ist ja nicht das gefährliche Untertage. Und es ist auch Übertage. Wenn du im Hochgebirge bist, hast du genau solche Streulungen wie wir Untertage. Aber das Gas, dieses Radon-Gas hat ja die Partikel, die Gase, die hat man eingeatmet und da war dieses Radon mit drin und den hat man eingeatmet und dann hat er sich in der Lunge festgesetzt. Und diese Radongase, die waren das Gefährliche. In Königstein zum Beispiel haben sie das so gehabt, dass sie den Grubenbau unter Druck gesetzt haben. Die haben große Ventilatorstationen hingesetzt und haben den Grubenbau unter Druck gesetzt, dass aus dem Gestein das Gas nicht austreten konnte. Da hatte man große Türen gehabt, die gingen nur hydraulisch oder pneumatisch auf. Oder wenn man dann so ein Fenster aufgezogen hat und man konnte selber aus, da musste man aber sich dagegen stellen, weil es so ein Druck war da in diesem Grubenbau. Da haben die versucht, das Gas im Grubenbau zu halten. Also im Gestein. Und ansonsten musste man eben gerade, um Gase zu binden, das Gestein abspritzen, dass eben diese Dämpfe so nicht rausgetreten sind.

Interviewer (Willi)

Ich hätte jetzt bloß noch gefragt, ob, wenn man da angefangen hat bei der Wismut selber, ob einem dann vom Arbeitgeber her was über die eventuellen Konsequenzen gesagt wurde, wenn jetzt was schief, also haben die darüber geredet?

Arndt Weinhold

Ja, ja, also das wurde damit gesagt, es war, es wurde gleich von Anfang an gesagt, (…) es ist ein gefährlicher Beruf, wo man auch in Gefahren treten kann, wo man selber nicht schuld ist oder wo auch Das kann eben sein, dass solche Situationen sind, die man nicht vorhersehen kann. Obwohl ja der Gesundheits- und Arbeitsschutz sich dafür eingesetzt hat, dass es eben so wenig wie möglich Unfälle gibt. Aber im Arbeitsprozess ist es halt so, steckt man nicht dahinter.

Interviewer (Jonathan)

Ihr eigener Unfall, wie ist der zustande gekommen?

Arndt Weinhold

Es war genauso, es war ausgebaut, aber wir hatten wenig Platz. Wir haben hinter dem Überhau, wir haben ja die Überhau hochgefahren und haben dann aus diesem Überhau, der war ein Meter zwanzig mal ein Meter sechzig. Da hatten wir drei Trüben drin. Ein Truben ist dort, wo man das Gezäh und das Material hochzieht. Dann hat man einen Truben, da konnte man hochsteigen auf die Fahrten. Und einen Truben hat man gehabt, wo die Masse reingeschüttet wurde. Und die wurde unten abgezogen über Schütten. Da wurde der Zug, die Hunde wurden dort langgezogen, entweder von der Lok oder mit einer Seilwinde und dann standen die direkt unter dieser Rampe, die wurde aufgemacht und dann konnten wir die Masse rausziehen. Wir haben dort oben gerade einen zweiten Schuss machen wollen und hatten dort oben wenig Platz. Und der Kollege hat die Bohrmaschine gehalten. Das war ja abgedeckt, dieser Überhau. Und der hat die Stütze gehabt und die Bohrmaschine und ist immer mit der Stange abgerutscht, dort wo die Löcher hin müssen. Und da habe ich die Stange angehalten und da ist oben das, was man vorher nicht gesehen hat, auf so einer glatten Schicht, wo der Erzgang drin war, da ist Wasser dazu gekommen und da ist das Gestein rausgerutscht. Und das haben wir vorher nicht gesehen. Da lag ich dann drunter, (…) was ich dann nicht mehr gemerkt habe. Oder ich weiß nicht, wie viel es war. Kann ich nicht sagen. Wir waren von der Grundstrecke eine Fahrt hoch und haben dann dort aufgeschossen. Naja. Und eigentlich hat es gar nicht so schlimm ausgesehen, aber dann, wo das Röntgen war, wo die mich dann im Krankenhaus... Und dann war die Wirbelsäule gebrochen, also die Halswirbelsäule gebrochen. Kann zusammenwachsen, kann man... Aber ich habe seitdem ein bisschen Schmerz.

Interviewer (Jonathan)

Dann würden wir noch mal weitermachen. Also und zwar geht es jetzt um den Aufstand vom 17. Juni. Da waren Sie ja noch nicht geboren, aber was haben Sie denn davon mitbekommen? Wurde da etwas darüber erzählt oder wurde das verschwiegen?

Arndt Weinhold

Davon hat niemand eigentlich was erzählt. Ne, davon (...) Das hat mit Schweigen eigentlich so nichts zu tun, weil ja die oder meine Eltern, die haben ja auf so einem Dorf gewohnt oder einer Kleinstadt. Da ist das ja nicht hingekommen.

Interviewer (Jonathan)

Okay. Ihre Eltern waren gar nicht dabei irgendwo. Kennen Sie sonst vielleicht noch jemanden, der dabei war? Ansonsten hätte ich jetzt zu ihrem Erinnerung gefragt zügig des Aufstands. Also wenn sie sagen zwar gerechtfertigt also erst mal das demonstriert wurde und dann auch das Vorgehen der Sicherheitskräfte

Arndt Weinhold

Da hab ich keine Meinung dazu. Also jedenfalls wüsste ich nicht, auf welcher Seite ich mich da schlagen sollte. Sicherlich waren die Arbeiter, (…) hatten schlechte Bedingungen gehabt und wenige gute Bezahlung. Und dass man das natürlich so niedergeschlagen hat, war ja auch nicht in Ordnung. Wo wir wieder beim Politischen sind (,lacht´). Die Bundesrepublik oder die anderen Mächte haben da ja auch schon dran gedreht, um das zu verändern, um die DDR ja schon gleich wieder mit zu vereinnahmen.

Interviewer (Jonathan)

Also quasi, dass sie nicht ein kommunistisches Land direkt …

Arndt Weinhold

Und die Sowjetunion wollte ja auch nicht, dass das Bollwerk, die DDR, also dieser Raum, den sie ja noch hatten, verloren geht.

Interviewer (Jonathan)

Also war das Interesse schon sehr groß, dass man da eine genehme Regierung installiert letztendlich und diese dann hält?

Arndt Weinhold

Ja.

Interviewer (Jonathan)

Okay. Dann unser drittes Thema ist Vielleicht auch ein bisschen schwierig zu beantworten, aber es geht grundsätzlich um Aktivismus. Und da würde ich Sie von vornherein fragen, unser Thema ist ja die Geheimsache. Was wussten den Leute, die nicht bei der Wismut waren von der Wismut?

Arndt Weinhold

Die wussten es alle. Also zumindest in den Raum hier in Sachsen oder Thüringen wusste jeder über die Wismut Bescheid. Die haben sich zwar mal aufgeregt, weil die Wismut Kumpel Südfrüchte und alles und Vorteile hatten. Aber sie haben ja auch nicht gesehen, dass die alle schwer gearbeitet haben. Für den Frieden.

Interviewer (Jonathan)

Könnten Sie sich denn vorstellen, dass es ein sehr großes Interesse aus der Bevölkerung gab, zu erfahren, wie denn die Strahlung auch die Anwohner belastet oder wie grundsätzlich mit der Umwelt umgegangen wird beim Bergbau?

Arndt Weinhold

Die Bevölkerung hat das ja schon mitgekriegt, dass die Strahlung nicht unbedingt erhöht wurde. Die Grubenlüfter, die hatten ja auch Dämpfer drin und die Abluft wurde schon so hingelegt, dass es nicht unbedingt die Bevölkerung trifft. Aber die Strahlung der Halden an sich war schon ein bisschen höher.

Jonathan

Würden Sie denn sagen, dass es notwendig war, dass sich Leute dafür eingesetzt haben, dass es mehr Aufklärung in dieser Richtung gibt?

WEINHOLD, ARNDT

Ja. Die Bevölkerung, die z.B. in Ronneburg gewohnt hat, die waren ja immer daran interessiert, so wenig wie möglich vom Bergbau abzubekommen. Aber im Endeffekt haben die Bergbaubetreiber, also die SDAG, schon die Fehler gemacht, dass sie nicht die Sanierung gleich mitgemacht haben, weil Geld gefehlt hat. Also diese Abraumhalden oder sowas gleich mit abzudecken oder so zu verwahren, dass es nicht so gefährlich ist. Es wird auch zum größten Teil übertrieben mit dem, denn der Abraum hat eigentlich keine Strahlung oder fast nicht, denn das war taubes Gestein. Im Endeffekt sind die Messungen auf der Halde schon höher gewesen, aber die haben so viel wie möglich von dem abgebauten Gestein zum Verarbeiten gebraucht. Die hätten ja nichts weggeschmissen. Aber ihr habt schon recht, dadurch, dass das Geld nicht da war, wurde ja der ganze Aufwand nicht betrieben, um das doch so gering wie möglich zu halten.

Interviewer (Jonathan)

Würden Sie sagen, dass man die Bevölkerung absichtlich nicht vollständig informiert hat?

Arndt Weinhold

Die wurde schon informiert, aber viele hatten ja gar kein Interesse daran, sich zu informieren. Also die Bevölkerung in den angrenzenden Gebieten, die waren schon informiert, was da so abging. Zum Beispiel waren ja auch die ganzen Bergleute aus den einzelnen Ortschaften. Es war ja nicht so, dass die von dem gar nichts gewusst haben, das könnte keiner sagen.

Interviewer (Jonathan)

Also man konnte es wissen, wenn man sich dafür interessiert hat?

Arndt Weinhold

Ja, und die, denen es halt nicht genehm war, die haben sich dem dann auch aufgelehnt. Nicht erst 89 oder so. War ja auch schon vorher immer mal. Dann wurde ja reagiert und wurde dies oder jenes auch verändert.

Interviewer (Jonathan)

Können Sie mal irgendwie so einen Protest beschreiben?

Arndt Weinhold

So in dem Sinne, so wie Aufstand oder wie hunderte Leute, da wurde ja immer entweder an die Stadt, die Leute haben sich dann an die Stadt gewandt und die Stadt hat sich an den Betrieb gewandt, wenn irgendwas nicht in Ordnung war. Also es wurde nicht mit Hurra oder Geschrei. Das wurde dann auch intern mit den Leuten geklärt.

Interviewer (Jonathan)

Aber da konnte man schon was erreichen, wenn man denn ein Problem hatte, konnte man sich schon an die Wismut oder um drei Ecken an die Wismut wenden und da seinen Protest zum Ausdruck bringen? Oder sein Problem?

Arndt Weinhold

Also wenn man zu DDR-Zeiten ein Problem hatte, ob das nur mit Wismut war oder ob einen das selbst betroffen hat mit irgendwas anders, hat man sich an den Rat der Stadt gewandt. Und die haben dann gesagt, wir ändern das oder wir helfen ihnen. Also ich kann mich nicht beschweren, dass jemand irgendwie gesagt hat, das machen wir nicht. Man konnte bloß nicht hingehen und sagen, ja, ich fordere das. Man muss das schon ein bisschen diplomatisch machen. Wie heute genauso.

Interviewer (Jonathan)

Wie ist denn Ihre Ansicht so zur Wismut, vielleicht aus heutiger Perspektive? Also würden Sie sagen, dass damals vielleicht viele Dinge nicht so richtig gemacht wurden, wenn wir jetzt wieder auf den Umweltschutz eingehen oder vielleicht auch auf den Bevölkerungsschutz, sodass sich Ihre Ansicht vielleicht auch geändert hat über die Jahre?

Arndt Weinhold

Wie eben gesagt, da waren keine Gelder da, die das hätten zugelassen, dass sich der Betrieb oder die SDAG oder die Wismut sich schon so profiliert, dass sie sagen könnte, wir bereinigen das gleich.

Interviewer (Jonathan)

Hätten sie sich das gewünscht, dass das so gemacht worden wäre?

Arndt Weinhold

Im Nachhinein hätte man schon mehr dafür tun können. In Königstein hat man das zum Beispiel schon zu DDR-Zeiten Naturschutzgebiet und Uranbergbau, da war ja nun eigentlich gar nicht zu vertreten. Und die haben die Halden nicht irgendwo hingebaut, die haben die Täler zugeschüttet. Demzufolge konnten die, wenn die das Tal zugeschüttet haben, gleich abdecken. Also so haben die den Abraum gar nicht erst irgendwo hinhauen können.

Interviewer (Jonathan)

Okay. Wenn Sie heute so zurückblicken auf die Wismut und die Wismut heute noch in dem Umfang existieren würde, würden Sie sich dann noch mal bereit erklären für die Wismut zu arbeiten?

Arndt Weinhold

Ich würde wieder für den Frieden arbeiten und wenn, wenn diese diese Vorgaben, die es heutzutage gibt, noch besser eingehalten werden, also dieser Strahlenschutz und diese Umweltschutz mehr berücksichtigt werden würde, könnte man das Uran durchaus weiter abbauen.

Interviewer (Jonathan)

Ja, wir waren stehen geblieben bei unserem Thema die Wismut heute. Und da würde ich einfach fragen, haben sie denn noch Interesse daran, was die Wismut heute macht? Also das, was noch von ihr übrig ist.

Arndt Weinhold

Ja, ich habe noch Arbeitskollegen, mit denen treffe ich mich noch, und die arbeiten ja noch. Die ganze Arbeit ist ja nun viel, viel geringer geworden, sodass ganz wenige Leute nur noch bei der Wismut, zumindestens nicht mehr hier in Thüringen, arbeiten. Und das läuft dann hinaus, dass die ganzen Übertagearbeiten zur Sanierung noch nicht abgeschlossen sind. Das wird sicherlich noch bis 2030 gehen, wenn nicht noch länger.

Interviewer (Jonathan)

Glauben Sie, dass es wichtig ist, dass man die Gebiete an denen die Wismut gearbeitet hat wieder in ihren Ursprungszustand zurücksetzt?

Arndt Weinhold

Äh das habe ich nicht verstanden, dass das so sein musste, dass das wieder so hergerichtet wird, wie es ehemals war. Man hat ja die ganzen Profilierungen, die vorher waren, gerade was in Lichtenberg war, so einen Aufwand betrieben, dass das alles wieder so hergestellt worden ist. Das habe ich nicht verstanden.

Interviewer (Jonathan)

Jetzt sagen Sie ja gerade schon über Lichtenberg, da ist ja heute oder da war die Buga und heute ist ja immer noch der Park da, sag ich mal.

Arndt Weinhold

Lichtenberg war ja der Tagebau, der verfüllt worden ist jetzt. Wo ich damals gesagt habe, sollen sie doch die Halden begradigen, abdecken, fertig und den Tagebau für den Müll, der deutschlandweit ist, nehmen und den dort reinschütten. Wäre eine gute Alternative gewesen.

Interviewer (Jonathan)

Glauben Sie denn, dass die Buga in Ronneburg ein gutes Projekt war, um die Vergangenheit der Wismut so ein bisschen darzustellen und die Fläche da gut zu nutzen?

Arndt Weinhold

Auf alle Fälle. Das hat ja der ganzen Region einen Aufschwung gebracht. Weil ja diese große Events werden ja so unterstützt, dass da für die Städte und umliegenden Dörfer sehr viel getan wurde. Und für die Infrastruktur selbst von Gera und diesem Areal, was früher die Wismut belegt hatte, wieder neu gestaltet wurde.

Interviewer (Jonathan)

Glauben Sie denn, dass die Vergangenheit der Wismut heutzutage vollständig aufgeklärt ist, oder glauben Sie, dass es immer noch sehr wichtig ist, Aufklärungsarbeit zu leisten?

Arndt Weinhold

Inwieweit Aufklärung?

Interviewer (Jonathan)

Was hat die Wismut gemacht, sodass man das Wissen weitergibt, auch jetzt vielleicht an die Generation, die es nicht mehr aus eigener Erfahrung erlebt hat, so wie wir?

Arndt Weinhold

Wismut allein ist es ja nicht, es ist ja die bergbautechnischen Sachen, die sollten schon den anderen Generationen weitergegeben werden. Und die Aufarbeitung der Wismut ist ja ein Teil davon. Also die Bergleute sind meiner Ansicht nach, die alle hier im Thüringer Raum gearbeitet haben, vor den Kopf gestoßen worden. Das waren ja alles Arbeiter, die sich als Bergleute gesehen haben und 1990 war abrupt ein Ende von jeglichen Ansehen oder von der Wertschätzung dieser Arbeit, die die Bergleute an sich selber gemacht haben, nicht bloß, weil es Wismut war. Die Kohle-Bergleute, die sind so mit Geldern, wenn die in Ruhestand gegangen sind, verabschiedet worden. Davon konnten wir nur träumen. Es wurde uns regelrecht, na sozusagen, angefeindet, weil wir ja Bergleute bei der Wismut waren. Früher hat die Stadt Gera jedes Jahr den Tag des Bergmanns gefeiert. Das gibt es nicht mehr. Die Bergleute sind eigentlich nichts mehr. Gerade hier in Thüringen. In Sachsen ist es noch ein bisschen was anderes, weil ja die Knappschaften schon von Urzeiten an, also von Mittelalter bis jetzt ihre Knappschaften hatten und die Pflege des Bergbaus wurde ja dort viel mehr betrieben. Hier in Thüringen ist das überhaupt nicht gemacht worden und das ist sehr schade für alle die Bergleute, die ehemals hier gearbeitet haben.

Interviewer (Jonathan)

Würden Sie sich wünschen, dass die bergmännischen Traditionen vielleicht mehr beleuchtet würden oder vielleicht auch wieder näher gebracht würden an die Leute?

Arndt Weinhold

Das wird jetzt schwieriger sicherlich sollte das den der Bevölkerung und jetzt die Jugend, die jetzt noch da ist, mit dargelegt werden, dass es ja hier mal Bergbau gegeben hatte, dass es ja auch Fortschritte in der Entwicklung des Bergbaus sowieso gegeben hat, aber die Bergleute an sich, die das jetzt noch betreffen würde, die sind ja zum Teil oder zum größten Teil weggezogen und zum Teil verstorben. Und dann sind sie ja auch schon alt. So alt, dass sie sagen, was wollen die jetzt noch hier mit diesen Traditionen oder mit von uns. Die hätten sollen damals sagen, hier, wir schließen den Bergbau. Wollt ihr nicht woanders im Bergbau anfangen? Solche Arbeiten hätten ja So ausgebildete Leute, die wurden nicht gebraucht.

Interviewer (Jonathan)

Sind Sie selbst persönlich irgendwie im Bergbautraditionsverein aktiv?

Arndt Weinhold

Nein.

Interviewer (Jonathan)

Sehen sie es so, dass das Wissen über die Wismut hauptsächlich da vorhanden ist wo die Wismut gewirkt hat? Oder das es Deutschlandweit gleich verteilt ist? Also vor allem ob das Wissen in Westdeutschland genauso vorhanden ist wie hier.

Arndt Weinhold

Die Wessis wissen gar nichts von uns. Der größte Teil der westdeutschen Bevölkerung, die waren noch nicht mal im Osten. Wenn meine Tochter die hat ja ein Wessi geheiratet, einen aus Baden-Württemberg. Wenn die nicht hier geheiratet hätten, wäre diese Verwandtschaft nie hierher gekommen. Die wären noch nicht im Osten gewesen. Die sind auch jetzt noch nicht wieder da gewesen.

Interviewer (Jonathan)

Also glauben Sie, dass das Wissen sehr fehlt, gerade über das Wirken der Wismut?

Arndt Weinhold

Die müssen das nicht wissen. Das interessiert die auch nicht.

Interviewer (Jonathan)

Würden Sie genauso sehen wie zu DDR-Zeiten, dass der, der heutzutage etwas über die Wismut wissen möchte, das auch erfahren kann?

Arndt Weinhold

Zum Beispiel gibt es ja vieles im Internet, wo man dann recherchieren kann. Und da kann man schon viel erfahren, wenn man es möchte. Oder wenn man überhaupt weiß, was war Wismut. Worum ging es da?

Interviewer (Jonathan)

Kein Bedarf, okay. Dann haben wir ja vorhin schon festgestellt, dass die Wismut als militärisch-industrieller Komplex sehr wichtig war für die Sicherheit des Warschauer Pakts. Und da würde ich Sie gerne fragen, ob Sie jemals irgendwie eine Form von Überwachung mitbekommen haben. Sei es durch die Stasi oder auch durch die Wismut interne Polizei?

Arndt Weinhold

Mich persönlich hat es nie betroffen, aber ich wurde schon gefragt über Personen aus meinem Umfeld. Zum Beispiel, wir haben ja in einem Elfgeschosser gewohnt, da haben mich dann die Kollegen oder diese Staatssicherheit mussten sich ja auch kennengeben, weil sie ja persönlich gefragt haben. Und da haben sie dann eben gefragt nach den Personen im Haus, waren ja Spezielle da, im ersten Stock oder so, und in so einem großen Haus. Hatten wir zwar einen guten Tag, man hat auch sich draußen getroffen oder hatten wir einen Grillnachmittag gemacht, aber ansonsten hat man ja von dem meisten nichts, kannte man ja nicht.

Interviewer (Jonathan)

Und auf Arbeit haben sie da auch irgendwas gemerkt irgendwie ein Fall aufgetreten?

Arndt Weinhold

Ja, ja, ja, aber das, das musste nicht unbedingt die Stasi sein. Wurde bei uns in den Spenden Geld geklaut. Also musste ja jemand, also oder oder Wertsachen. Und die haben sie dann auch rausgekriegt. Also das war dann schon so was. Es war eben nichts politisches dann im Endeffekt, aber da waren sicherlich die Kollegen da mit dran. Und in so einem großen Betrieb oder in den großen Betrieben waren ja diese Mitarbeiter, die hatten ja da eigene Räume und eigene Mitarbeiter, aber so, dass man jetzt sagen könnte, es hat jemand einen bespitzelt, das habe ich nicht mitgekriegt. Ich habe auch meine Akte nicht angefordert. Ich weiß sicherlich, dass ich eine habe. Es sind ja auch ein paar Vorkommnisse mit, die werden ja zuerst eingetragen. Das wollen wir nicht weiter erzählen.

Interviewer (Jonathan)

Also haben Sie die Präsenz schon mitbekommen? Und es war auch so, dass man wusste, okay, da einer von der Stasi, der ist da irgendwo in dem Gebäude. Oder habe ich das jetzt falsch verstanden?

Arndt Weinhold

Im Betrieb schon. Ja, ja, ja, ja. Zumal auf der Ebene, ich habe ja dann bei der GAS gearbeitet. Ich war ja mit dem Betriebsdirektor oder mit der Karte-Abteilung immer im Gespräch. obwohl ich ein kleiner Mitarbeiter war, aber ich musste mich ja über alle, ich kannte ja die ganzen Werktätigen und da konnte ich mich, musste ich mich ja mit denen da unterhalten. Und da wurde aber nie das Politische dargelegt. Es wurde sich halt darüber unterhalten, ob das nun jemand war, der da von der Stasi war oder nicht. Die gehörten halt zu dem Kreis, die damit rumsaßen, um da verschiedene Sachen zu besprechen. Die waren schon da. Und wenn man nicht unbedingt eine Straftat gegen Staat oder direkt gegen Staat aufgetreten ist, hat man die auch nicht zu Gesicht bekommen oder es wurde dann auch nichts. Ich wüsste nicht, wer sich da von unseren Leuten... Sicherlich, wenn man dann sowas gemacht hat, dass man dann nicht zur Armee gehen wollte oder sowas, da waren sie dann schon dran. Oder wenn man einen Ausreiseantrag gestellt hat, das wurde dann schon alles abgegrast im Umfeld, was, warum und weshalb. Wer ist damit beteiligt? Da haben sie schon geguckt.

Interviewer (Jonathan)

Sie haben ja gesagt, dass sie ziemlich sicher sind, dass sie selbst eine Akte haben. Gibt es einen Grund, warum sie die nie angefordert haben?

Arndt Weinhold

Ja, erstens mal wollte ich gar nicht wissen, ob jemand aus meinem Umfeld da was gemacht hat. Und zweitens ist es ja für mich persönlich auch nicht relevant. Ich habe keinen Nachteil davon gehabt. Und warum soll ich mir den Stress antun, um jemanden dann zum Feind oder zu sagen, ja, ich kann dich nicht mehr leiden. Sicherlich gibt es überall solche Leute, die dann gefragt wurden, wie ich auch, über andere Leute, die dann gesagt haben, na ja, und dann hat er sich vielleicht falsch ausgedrückt und schon steht da was in der Akte drin. Das ist heute genauso. Wenn die Polizei jemanden befragt oder wenn die die Hooligans da festnehmen, dann kommen die auch im Umfeld und fragen, woher das ist. Das ist genau das Gleiche. Wie kann sich denn, muss ich noch dazu sagen, das war natürlich zu Zeiten anders. Die Polizei war eine Institution und da hat sich keiner oder ganz wenige dagegen aufgelehnt. Heutzutage. Ich verstehe das gar nicht, warum die Polizei sich mit sich das machen lässt.

Interviewer (Jonathan)

Also würden sie sagen, dass die Menschen damals mehr Respekt vor den Ordnungshütern hatten?

Arndt Weinhold

Richtig Respekt. Wir sind über den Rasen gerannt, da kam der ABV und hat uns zur Rede gestellt. Da stand man stramm. Der hatte was zu sagen. Also der Abschnittsbevollmächtigte, das war ein Polizist. Ein ganz einfacher Polizist. Da hatte jeder Zug davor gehakt und das hat mit Stasi überhaupt nichts zu tun. Das war einfach eine Respektsperson. Das haben die Leute nach der Sache nicht mehr.

Interviewer (Jonathan)

Okay, dann sind wir tatsächlich schon am Ende. Es ging schneller als ich gedacht hätte.

Arndt Weinhold

So viel habe ich das ganze Jahr nicht gesprochen.

Interviewer (Jonathan)

Das Jahr ist ja auch noch nicht so alt. Okay, dann danke ich Ihnen auf jeden Fall dafür, dass Sie heute da waren und dafür, dass Sie uns so viel Interessantes erzählt haben.

Arndt Weinhold

Man könnte sicherlich noch viel mehr erzählen, aber da können wir vielleicht später mal darüber reden. Da muss man das mal gesehen haben, was man dann vergessen hat. Kriege ich da einen Abzug? Sicher. Das ist gut. Den muss ich verstecken. Ja, eigentlich haben wir alles erzählt, weil ja die, die euch interessiert, die haben ja die politische Seite, die eigentlich so an mir vorbeigegangen ist. Sicherlich kann man so sagen, der Staat an sich war in Ordnung, bloß wie sie es gemacht haben im Endeffekt, das haben sie Ab 1982 wo sie die kleinen Betriebe dann noch enteignet haben und wo sie dann der Bevölkerung doch nicht mehr so zugehört haben oder für die Bevölkerung diese Waren des Bedarfs nicht so beschafft haben, das war schon dann nicht in Ordnung. Wir haben den Erich wegen dem goldenen Wasserhahn davon gejagt. Das ist ja heute lachhaft, wenn man bedenkt, dass die jetzt Millionen auf die Seite schaffen und bekommen können.